99 Schüler und acht Lehrer im Kleinwalsertal aus Bergnot gerettet
Von Christian Willim
Eine Tour auf einer gesperrten Route, die acht deutsche Lehrer mit 99 Schülern zwischen 12 und 14 Jahren Dienstagnachmittag gegen 15 Uhr von Hirschegg im Kleinwalsertal gestartet haben, hätte durchaus in einer Katastrophe enden können.
Bei schönem Wetter gestartet, fand sich die riesige Gruppe auf dem Weg über den Heuberggrat zum Walmendingerhorn nach Mittelberg am Abend in steilem, ausgesetzten Gelände wieder. Die Einsatzkräfte mussten letztlich eine regelrechte Luftbrücke einrichten, um die Deutschen vom Berg zu holen.
Die Lehrer hatten sich auf die Bewertung eines Users auf der Bergwanderer-Website Hikr.org verlassen, der die Wanderung als „klassische Feierabendrunde“ beschrieben hat, so die Polizei: „Tatsächlich ist der schmale Heuberggrat ein teilweise ausgesetzter Weg mit Kletterpassagen, der Schwindelfreiheit, Trittsicherheit sowie Erfahrung im alpinen Gelände erfordert.“
Der Gruppe fehlte es aber an Erfahrung, zudem hatten nicht alle optimales Schuhwerk. Einsetzender Regen machte das nach den vergangenen Niederschlägen ohnehin rutschige Terrain noch gefährlicher. Als sich ein Lehrer zur Umkehr entschied, rutschten zwei Schüler ab und verletzten sich leicht. Einige Schüler gerieten daraufhin in Panik, weshalb ein Lehrer gegen 18 Uhr einen Notruf absetzte.
66 Personen mit Tau geborgen
„Bis der erste Bergretter vor Ort war, war noch gar nicht klar, um wie viele Menschen es sich tatsächlich handelt“, erzählt Samuel Riezler, Ortsstellenleiter der Bergrettung Mittelberg im Kleinwalsertal. Letztlich brachte der Rettungshubschrauber C8 die zwei Leichtverletzten in Sicherheit.
Ein Polizeihubschrauber holte mit Taubergung 66 Personen in Gruppen von drei bis vier Schülern und Lehrern vom Berg.
„Die anderen waren schon weiter unten und wurden von Bergrettern hinunterbegleitet“, erzählt Riezler. Schüler und Lehrer wurden von einem Zwischenlandeplatz mit Fahrzeugen der Bergrettung und der Feuerwehr zurück in ihre Unterkunft gebracht.
„Eine Rettungsaktion in dieser Dimension haben wir noch nicht erlebt“, so der erfahrene Bergretter. Um halb zehn seien die letzten Einsatzkräfte wieder im Tal gewesen. Die Helfer seien vor allem froh, dass nicht mehr passiert ist.
Gesperrter Weg
„Dieser Weg ist schon seit Jahren gesperrt“, erklärt Riezler. An seiner ausgesetztesten Stelle sei der Steig „so breit wie zwei Füße. Links und recht geht es steil runter.“ An dieser gefährliche Passage seien die Schüler aber zum Glück noch nicht angelangt gewesen.
Ob die Lehrer strafrechtliche Folgen befürchten müssen, wird die Staatsanwaltschaft Feldkirch entscheiden, die nach Abschluss einen Bericht erhalten wird.
Für die deutschen Lehrer und Schüler endete das unfreiwillige Abenteuer letztlich relativ glimpflich.
Zwei Schüler wurden leicht verletzt. Mehrere Schüler waren aber erschöpft, unterkühlt, durchnässt und völlig aufgelöst, weshalb ein Kriseninterventionsteam hinzugezogen wurde. Nach der Erstversorgung durch die Rettung wurden sie in ihren Unterkünften mit warmen Getränken und Essen versorgt.
Kein Verlass auf Routenplanung über Apps
In letzter Zeit hätten mehrere Rettungsaktionen durchgeführt werden müssen, weil sich Personen auf irgendwelche Apps verlassen hätten, sagt Bergrettung-Pressesprecher Klaus Drexel. Drexel riet dringend davon ab - so wie es die Lehrpersonen im Kleinwalsertal getan hatten -, Routen aufgrund von Beschreibungen im Internet zu planen.
"Das ist sehr, sehr kritisch zu sehen. Dort werden auch alte, ungewartete Wege beschrieben, die mittlerweile zugewachsen sind", stellte Drexel fest. So könne man leicht in eine "ungute Situation" geraten.
Um Bergtouren seriös zu planen, verwies der Bergretter auf den "PEAK Bergcheck" - P für Planung, E für Einschätzung, A für Ausrüstung und K für Kontrolle. Dabei geht es um die Klärung von Fragen wie "Was habe ich vor?", "Ist diese Wanderung für mich geeignet?", aber auch um Ausrüstungsfragen und darum, wie man sich während der Wanderung fühlt.
Wenn man sich bezüglich einer Tour unsicher sei, könne man sich jederzeit beim Tourismus- oder dem Alpenverein oder der Bergrettung erkundigen. Das schaffe Sicherheit, empfahl Drexel diese Vorgangsweise.