Fünffachmord in Tirol: "Habe soeben fünf Personen getötet"
In dem bekannten Tiroler Wintersportort Kitzbühel herrscht am Sonntag tiefe Betroffenheit. Vor dem Rathaus wird die schwarze Fahne gehisst. Nur wenige Stunden zuvor wurden fünf Bewohner in ihrem Wohnhaus ermordet. Alle fünf wurden vermutlich erschossen. Die Leichen sollen am Montag obduziert werden.
Der mutmaßliche Täter, der 25-jährige Andreas E., stellte sich nach der Tat bei der Polizeiinspektion. "Ich habe gerade fünf Menschen getötet", erklärte E. und legte eine Pistole und ein Messer vor den Beamten hin.
Das Motiv für die Tat dürfte Eifersucht gewesen sein. "Eine Tat in solch einer Dimension ist in Tirol einzigartig", sagt der Leiter des Landeskriminalamtes Tirol, Oberst Walter Pupp.
Doch der Reihe nach. Seit Jahren waren Andreas E. und die 19-jährige Nadine H. ein Paar. Auf Facebook ist bei einem Eintrag aus dem Jahr 2014 gar von einer Verlobung zu lesen.
Dass die Beziehung vor zwei Monaten in die Brüche ging, dürfte der 25-Jährige nicht verkraftet haben, meint Pupp.
Als E. seine Ex-Freundin und deren neuen Freund – der 24-Jährige dürfte aus Oberösterreich stammen – am Samstagabend bei einer Lokaltour trifft, kommt es zum Streit.
Wortgefecht mit Vater
Wenige Stunden später taucht E. beim Haus seiner Ex-Freundin auf. Ihr Vater, der 59-jährige Rupert H., öffnet, es kommt zum Wortgefecht. Auch Nadine H. stößt dazu. Der 25-Jährige wird gebeten, zu gehen. Das tut er auch.
"Er ging nach Hause und holte die Pistole seines Bruders", schildert der LKA-Leiter. Dann macht er sich erneut zum Haus seiner Ex-Freundin auf. Wieder öffnet der Vater die Tür.
E. soll auf den 59-Jährigen geschossen haben. Dann soll er auch die 51-jährige Mutter, Andrea H. und den 25-jährigen Bruder, Kevin H., getötet haben.
E. kennt sich in dem Haus gut aus. Er weiß also, wo die Familie schläft.
Weil die Tür zur Einliegerwohnung seiner Ex-Freundin verschlossen ist, dürfte Andreas E. über den Balkon geklettert und so in die Wohnung gelangt sein.
"Dort erschoss er auch seine Ex-Freundin und deren neuen Freund", sagt Pupp.
"Derartige Eskalation war nicht absehbar"
Nach der schrecklichen Bluttat stellt sich E. etwa gegen 6 Uhr früh der Polizei. Das Motiv, sagt Pupp, dürfte die Zurückweisung gewesen sein.
Bisher sei der Mann nicht auffällig gewesen. "Eine derartige Eskalation war nicht absehbar."
Der Verdächtige zeigt sich bei den Einvernahmen geständig. Es dürfte auch keinen weiteren Mittäter gegeben haben. Warum E. das Messer bei sich hatte, ist noch unklar. "Die Tatwaffe dürfte augenscheinlich die Pistole gewesen sein."
Diese hatte der Bruder des Verdächtigen legal besessen. Wie sich E. Zutritt zum Tresor verschafft haben könnte, in dem die Waffe verwahrt war, muss noch ermittelt werden.
Auch wenn es derzeit keine Widersprüchlichkeiten der Aussagen des mutmaßlichen Täters und des Tatortbildes gebe, sind dennoch weitere Ermittlungsschritte nötig.
Obduktion angeordnet
An allen fünf Leichen wird in den kommenden Tagen zur genauen Klärung der Todesursache noch eine Obduktion durchgeführt.
Bürgermeister Klaus Winkler zeigt sich im Gespräch mit dem KURIER kurz nach der Tat fassungslos. Eine "derartige Gräueltat" habe es in Kitzbühel noch nicht gegeben, meinte Winkler.
"Sowohl die Opferfamilie, als auch die Familie des mutmaßlichen Täters sind in Kitzbühel angesehene Leute. Die Tat muss eine Kurzschlusshandlung gewesen sein", sagt Winkler.
E. sei nie auffällig gewesen, sei einer geregelten Arbeit bei einer Baufirma nachgegangen.
Die ermordete Nadine H., die bei einer Baustofffirma Lehrling war, habe nur Lob von ihrem Chef bekommen. Außerdem habe die junge Frau einen großen Freundeskreis in Kitzbühel gehabt. Gemeinsam sei man in der Nacht noch unterwegs gewesen.
Krisenintervention
Am Sonntag war ein Kriseninterventionsteam im Einsatz. Nicht nur Angehörige, auch Bekannte und Arbeitskollegen wurden betreut.
Landeshauptmann Günther Platter meldete sich via Facebook zu Wort: "Eine schreckliche Tragödie hat sich heute Nacht in Kitzbühel ereignet. Es sind Nachrichten, die einen sprach- und fassungslos zurücklassen. In diesen schweren Stunden sind meine Gedanken bei den Angehörigen und Freunden der Opfer."
ÖVP-Chef Sebastian Kurz äußerte via Twitter seine Bestürzung über das Verbrechen.
Untersuchungshaft wird geprüft
Die erste Einvernahme wurde am Sonntagnachmittag beendet. Der junge Mann wurde danach nach Innsbruck überstellt. "Wir gehen davon aus, dass über ihn Untersuchungshaft verhängt wird", so Pupp. Diese ist bei Mordverdacht obligatorisch.
Der 25-Jährige war zum Tatzeitpunkt nicht alkoholisiert.