Chronik/Oberösterreich

Proteste gegen Alkoholverbot in Linzer Parks

Hermann (56) streichelt seinen Hund, nimmt ihn an der Leine und stellt sich dann mit rund 25 Gleichgesinnten vor das bereits von Grünspan befallene Franz-Stelzhamer-Denkmal im Linzer Volksgarten. Wie die Statue hält auch Hermann etwas in den Händen – einen Zettel. Brauchen tut er ihn aber nicht, denn die Landeshymne, die darauf abgedruckt ist, kann er auswendig. „Dahoam ist dahoam, wannst net fort muaßt, so bleib. Denn die Hoamat is ehnter, der zweit Muaderleib“, ertönt es Donnerstagvormittag in dem Linzer Park.

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Die Suche nach einem „Dahoam“ kennen viele der Anwesenden. Fast alle sind oder waren obdachlos. Ihre Alternative: die Bänke der Parks.

Mitte Juni verkündete die Stadt allerdings, im Volksgarten und im Schillerpark ein Alkoholverbot verhängen zu wollen. Anrainer hätten sich beschwert. „Es geht nicht mehr anders“, so Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ).

„Dagegen protestieren wir hier. Wir sind nicht fürs Besaufen, aber auch nicht dafür, dass man nichts trinken darf“, sagt Heinz Zauner von der „Arge für Obdachlose“ und der Straßenzeitung Kupfermuckn am Donnerstag. „Der ,Bürgermeister vom Schillerpark’ kann erzählen, warum das nicht der richtige Weg ist“, fügt er hinzu, und deutet auf Hermann.

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"Brauchen ihr Ventil"

„Ich bin nicht der Bürgermeister“, erwidert Hermann. Dass die Parks für Obdachlose wichtig sind, weiß er dennoch. Er war einer. 13 Jahre ist das her. „Es sind immer dieselben, die randalieren. Man sollte einfach gegen Einzelne vorgehen. Eine Wegweisung oder ein Platzverbot aussprechen. Jene, die gemütlich Bier trinken, soll man lassen. Die brauchen auch ihr Ventil“, sagt Hermann. Früher sei er jeden Tag im Schillerpark gewesen. „Auch heute schau’ ich immer wieder mal vorbei“, sagt er. Bier trinke er aber keines mehr, er sei trocken. „Der Alkohol war an allem schuld.“

Charlie hält hingegen ein Bier in der Hand: „Das Verbot verlagert das Trinken nur von einem Park in den anderen.“ Auch er lebt nicht mehr auf der Straße. „Vielen konnten wir eine Wohnung vermitteln. Die Straßenzeitung ist ein Anker“, erklärt Zauner.

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Laut Schätzungen gibt es 50 bis 60 Obdachlose in Linz. Heiko ist einer davon. Er übernachtet in einer Notschlafstelle und geht täglich in einen Park, setzt sich auf eine Bank und macht sich keine Bier-, sondern eine Weinflasche auf. „Von 7.30 Uhr bis 18 Uhr ist die Notschlafstelle geschlossen. Wo soll ich sonst hin?“, fragt er.

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Er fordert mehr Alternativen, wie die Möglichkeit, ungenutzten Wohnraum nutzen zu dürfen. Aber das System sei „an allem Schuld“. Auch daran, dass er seine vier Kinder nicht mehr sehen könne.

Geldstrafen bis zu 218 Euro

„Obdachlosigkeit ist Beziehungslosigkeit“, erklärt Zauner. Die meisten Betroffenen wachsen in schwierigen Verhältnissen auf, oft hätten sie keine echten Bezugspersonen. Es sei unsozial, die Randgruppen auch noch aus dem öffentlichen Raum zu verdrängen, meint Zauner. Dennoch ist er realistisch: „Unsere Aktion wird wohl das Verbot nicht aufhalten.“

Damit wird er wohl recht behalten. Auch eine zusätzliche Protestaktion am Hauptplatz am Donnerstagnachmittag änderte nichts an dem Entschluss der Stadt: Der Gemeinderat verabschiedete das Alkoholverbot. In Kraft treten kann es jedoch – aufgrund der nötigen Mitteilung im Amtsblatt – frühestens am 6. Juli. Ausgenommen von dem Verbot sind dann nur behördlich genehmigte Gastronomiebetriebe und Veranstaltungen. Dem Rest drohen bei Konsum Geldstrafen bis zu 218 Euro.

Schillerpark und Volksgarten sind nicht die ersten Linzer Parks mit Alkoholverbot. 2018 gab es im Hessenpark eine ähnliche Situation. Seither darf dort kein Alkohol konsumiert werden.

Auch in anderen Bundesländern gibt es Vorbilder. So in Wien der Praterstern, in Innsbruck der Stadtpark Rapoldi und in Salzburg der Rudolfskai.