Chronik/Oberösterreich/Linz

Kriminalität - fürchten wir uns eigentlich zu Recht?

Die Angst vor dem Verbrechen (oder dem, was die Menschen dafür halten) ist weiter verbreitet als die Kriminalität selbst. Viele als kriminell wahrgenommene Ereignisse und Übergriffe liegen dabei unterhalb der Strafbarkeitsschwelle des Strafrechts.

Oft handelt es sich dabei um Unannehmlichkeiten und Ärgernisse im Zusammenhang mit Gruppen junger Männer, die sich in mannigfaltiger Belästigung äußern und durch soziale Verwahrlosung, verhaltensmäßige Unangepasstheit und kultureller Differenz verursacht werden. So fallen subjektive und objektive Sicherheitslage oft auseinander. Das führt in der Forschung oft zu unerwarteten Erkenntnissen.

 

Zunächst die für viele wohl überraschendste Erkenntnis: Das Ausmaß der Verbrechensfurcht hängt kaum von eigenen Opfererlebnissen und noch viel weniger von regionalen Kriminalitätsraten ab. Opfer von Straftaten zeigen üblicherweise keine nachhaltig erhöhte Verbrechensfurcht.

Eine eher bescheidene Rolle spielen auch die medialen Zerrbilder der Kriminalität. Als überaus wirkungsmächtig haben sich dagegen die berühmt-berüchtigten „Broken Windows“ erwiesen. Kleinere Verstöße gegen etablierte Regeln des anständigen Umgangs miteinander und gut sichtbare Zeichen der Vernachlässigung des öffentlichen Raums erzeugen kriminalitätsbezogene Sicherheitszweifel.

Die größte Erklärungskraft kommt aber breiteren Existenz- und Abstiegsängsten zu. Diffuse Zukunftssorgen und ökonomische Absturzbefürchtungen – die Wahrnehmung, dass die Welt in Bewegung geraten ist und die eigene Position nicht länger unverrückbar gesichert sei – befeuern die Angst vor dem Verbrechen. „Kriminalität“ fungiert heute als Metapher für alles, was einem am Dasein in der Spätmoderne beunruhigt und missfällt.

Es muss daher nicht immer exakt Kriminalität gemeint sein, wenn am Stammtisch von Kriminalität die Rede ist.