Graffiti-Galerie Mural Harbor: „Kommen mit blauem Auge davon“
Von Petra Stacher
Die Kulturszene erwacht erneut zum Leben: Zu bestaunen gibt es nach und nach wieder historische, moderne, gemalte, fotografierte, aber auch gesprühte Kunst. Letztere findet man am Linzer Hafen bei der Graffiti-Galerie „Mural Harbor“. Graffiti erstrecken sich dort über Lagerhallen. Am 29. Mai öffnet die Galerie wieder. Dieses Jahr mit einem verstärkten Sommerprogramm, um die Coronapause zu kompensieren. Dabei dürfen Besucher selbst zur Dose greifen.
„Unsere Hauptsaison von April bis Juli ist komplett weggebrochen“, lässt Michael Url, zuständig für die Tourenplanung beim Mural Harbor, die letzten Wochen Revue passieren. „Wir waren die ersten eineinhalb Monate mit Stornierungen beschäftigt.“ Etwa 150 waren es an der Zahl.
Normalerweise kutschieren Boote die Besucher von Graffiti zu Graffiti. Künstler aus 35 verschiedenen Ländern und von allen Kontinenten haben sich dort (legal) verewigt. Dieses Jahr müssen die Bootstouren jedoch ausfallen: „Erstens rentiert es sich aufgrund der Abstandsregeln wirtschaftlich nicht“, erklärt Url. Zweitens stünden wegen des Lockdowns viele Donaukreuzfahrtschiffe im Hafen – Die Aussicht vom Boot auf die Kunstwerke lasse deshalb zu wünschen übrig.
Vermehrt Workshops
Die Touren werden heuer somit nur zu Fuß stattfinden. Neun Leute pro Gruppe sind erlaubt, um den derzeit geltenden Schutzmaßnahmen Rechnung zu tragen. „Wir glauben aber, dass hier bald eine Lockerung kommt“, sagt Url, findet die Führung doch im Freien statt.
Um auch dieses Jahr trotz Corona viele Leute für die Graffiti-Kunst zu gewinnen, steht ein „erstmaliges und einmaliges“ Ferienprogramm für Jung und Alt am Plan: Workshops, und zwar mindestens jede zweite Woche einen. „Sowohl für Anfänger als auch für Fortgeschrittene bieten wir diese an“, teilt Url mit. Nach einer Einschulung und Einführung in den geschichtlichen Hintergrund sowie nach der Erklärung was beim Sprühen legal und illegal ist, können die Laienkünstler eine Skizze zeichnen, den Entwurf anfertigen und diesen schließlich mit der Spraydose auf die jeweilige Wand übertragen. „Es wird sich zeigen, ob dieses Programm auch etwas für die Zukunft ist“, sagt Url.
Nicht für die Zukunft geplant ist eigentlich der Indoor-Bereich, das Museum auf Zeit (M.A.Z.): Bis 12. Dezember wäre dieses noch geöffnet. „Inwiefern dieser Termin bleibt, wissen wir nicht“, sagt Url.
Ein Wiener Raum
Bei den Führungen ab Ende Mai sind die Räumlichkeiten aber auf alle Fälle noch zu sehen – mit Abstand, beschränkter Personenzahl und Maske. Letztere bedeckt zum Glück nicht die Augen, denn im M.A.Z. gibt es viele farbenfroh gestaltete Räume zu sehen, in denen sich auch während der Schließung Sprayer austobten. Da internationale Künstler aufgrund der Einreisebeschränkungen nur schwer verfügbar seien, gestalteten nun drei Wiener Graffiti-Künstler einen Raum neu. Im Außenbereich gibt es bis dato hingegen keine neuen Kunstwerke. „Wir müssen auch wirtschaften. Ein großes Graffiti benötigt viel Zeit und kostet einiges. Wir wussten ja bis vor Kurzem nicht, ob es heuer überhaupt noch jemand sehen würde“ erklärt Url, der sich derzeit in Kurzarbeit befindet.
Prinzipiell besteht aus finanzieller Sicht Hoffnung: „Wenn der Herbst wieder normal läuft, werden wir wahrscheinlich mit einem blauen Auge davonkommen“. Anfragen für Touren und Workshops gebe es genügend.
Alle Informationen unter: www.muralharbor.at