Urteil im Mordprozess um Top-Banker: 16 Jahre Haft
Weil er eine 86-jährige Kundin im September des Vorjahres in Edlitz (Bezirk Neunkirchen) mit einer Frischhaltefolie erstickt haben soll, ist ein Bankberater am Dienstag am Landesgericht Wiener Neustadt zu 16 Jahren Haft verurteilt worden. Der Schuldspruch für den 62-Jährigen ist nicht rechtskräftig. Die Geschworenen bejahten die Hauptfrage nach Mord einstimmig.
Der Angeklagte hatte sich am ersten Prozesstag in der vergangenen Woche schuldig bekannt. Er soll der 86-Jährigen in deren Wohnhaus am 16. September 2019 mit einer mit Münzen gefüllten Socke etwa zehnmal mit voller Wucht gegen den Kopf geschlagen haben. Im Anschluss versuchte der Beschuldigte, die betagte Frau mit einer mitgebrachten Frischhaltefolie zu ersticken. Die Seniorin wehrte sich so heftig, dass der Angeklagte auch Nase und Mund mit den Händen fest zudrückte. Ob dies oder die Handlung mit der Frischhaltefolie zum Tod der Frau führte, sei „nicht eindeutig abgrenzbar“, sagte der gerichtsmedizinische Gutachter Wolfgang Denk am Dienstag.
Die Attacke hatte eine lange Vorgeschichte. Der Bankberater veranlagte über Jahrzehnte hinweg das Vermögen der Seniorin in Höhe von rund 700.000 Euro. Über entstandene gravierende Spekulationsverluste informierte der 62-Jährige die Pensionistin jedoch nicht - aus Angst um seinen Ruf in der Finanzwelt, wie der österreichische Staatsbürger zu Protokoll gab.
Als die 86-Jährige im Vorjahr eine Transferierung und Zusammenlegung ihrer Wiener Bankkonten auf ein Geldinstitut in ihrer Nähe wünschte, wurde es für den Beschuldigten so eng, dass er Tötungspläne schmiedete. Astrid Wagner, die den Banker gemeinsam mit Wolfgang Blaschitz verteidigte, sprach in Hinblick auf die jahrelange Nicht-Information der Kundin durch ihren Mandanten von einer Art Lebenslüge, die psychiatrische Gutachterin Sigrun Roßmanith von „einem Damoklesschwert, das er mit sich mitgetragen hat“. Erst kurz vor der Attacke informierte der Banker die 86-Jährige über die Vermögensverluste. Dass der Jurist dies so lange unterlassen hatte, begründete Roßmanith einerseits mit einer Fehleinschätzung, andererseits mit „der Angst vor der Vernichtung“.
„Ich bereue zutiefst meine Tat“, zeigte sich der Angeklagte selbst nach den Schlussvorträgen zerknirscht. „Es ist furchtbar, dass ich das nicht mehr ungeschehen machen kann. Es ist auch nicht mehr gutzumachen“, betonte der Banker.
Die Geschworenen standen während der eineinhalbstündigen Beratung vor der Frage, ob die Tötung als Mord oder Totschlag zu werten ist. Einstimmig entschieden sich die Laienrichter für Ersteres. Hinsichtlich der Strafbemessung wirkten sich nach Angaben der vorsitzenden Richterin das Geständnis und die bisherige Unbescholtenheit des Angeklagten mildernd aus. Erschwerend wurde die Verwendung einer Waffe gewertet. Die Staatsanwaltschaft und die beiden Verteidiger gaben zum Urteil keine Erklärung ab.