Chronik/Niederösterreich

Missbrauchsalarm im Kindergarten: Land zieht die Notbremse

Die Vorwürfe sind massiv, mittlerweile gibt es drei Anzeigen wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs. Ein privater Kindergarten samt Horteinrichtung im südlichen Niederösterreich befindet sich im Visier von Staatsanwaltschaft, dem nö. Landeskriminalamt und der Abteilung Kindergärten des Landes Niederösterreich.

Nach Angaben von mindestens acht Eltern und ihren Kindern soll es in der Einrichtung über Monate hinweg zu „physischer und psychischer Gewalt“ gegen Sprösslinge gekommen sein. Von drei Kindern im Alter zwischen drei und fünf Jahren gibt es Aussagen, die auf sexuelle Übergriffe hindeuten.

Anhörung betroffener Eltern

Nach einem Gipfelgespräch zwischen der Fachaufsicht des Landes und den betroffenen Eltern am Donnerstagnachmittag, stellt das Land die Kindereinrichtung ab sofort unter Aufsicht. „Bis die Sache überprüft ist, werden wir eine engmaschige pädagogische Kontrolle in 2er-Teams durchführen und die Einrichtung unter die Lupe nehmen. Auch andere Stellen des Landes werden eingebunden“, sagt Marion Gabler-Söllner von der Abteilung Kindergärten.

Die Vorwürfe gegen den Kindergarten wurden erstmals zu Jahresbeginn thematisiert. Nachdem sich sechs Eltern mit Beschwerden an die Kindergarteninspektorin gewandt hatten und manche Sprösslinge aus der Betreuung genommen wurden, kam es zum internen Konflikt mit anderen Eltern. 23 stellten sich in einem Brief hinter die Leitung der Betreuungseinrichtung und verurteilten die Anschuldigungen.

Acht Monate später ist es anscheinend zu einem Umdenken gekommen. Elf der 23 Eltern haben nun bereits selbst ihr Kind aus dem Kindergarten genommen. „Ich war damals geblendet. Für mich ist die Welt zusammengebrochen als mein Kind plötzlich von den Vorgängen erzählt hat“, schildert eine Mutter.

Ein Zimmer mit Bett

Der Anzeige zufolge sollen Kinder aus der Einrichtung mit in ein Privathaus genommen worden sein. Ein Kind erzählt von einem Zimmer mit Bett, in dem es sich die Hose hinunterziehen musste. Es ist von pädophilen Handlungen die Rede.

„Einige Kinder, die sauber waren, sind während der Zeit im Kindergarten zu Bettnässern geworden. Weil sie sich auch in der Betreuung anmachten, wurden sie den Vormittag über zur Strafe in den nassen Sachen gelassen“, so die Eltern. „Die Kinder haben erst nach und nach zu reden begonnen, als sie bereits in anderen Kindergärten waren. Sie hatten Angst“, sagt eine Mutter.

Laut den Schilderungen soll ein Bub während des Essens am Sessel festgehalten und zwangsgefüttert worden sein. Das Angreifen des Essens soll Schläge auf die Finger zur Folge gehabt haben.

Bei der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt bestätigt man gegenüber dem KURIER die laufenden Ermittlungen. „Es geht um den Vorwurf der Vernachlässigung und Misshandlung von Kindern. Auch sexuelle Handlungen wurden angezeigt“, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Erich Habitzl.

Da es sich zum Großteil um Schilderungen von drei- oder vierjährigen Kindern handelt, müssen Psychologen und Gerichtssachverständige nun die Glaubwürdigkeit der kindlichen Aussagen beurteilen. Deshalb ist auch das Kinderschutzzentrum Möwe in dem Fall eingeschalten. Ein Kind habe Schilderungen über sexuelle Handlungen zwar Erwachsenen gegenüber geäußert, diese Behauptungen vor den Psychologen aber dann nicht mehr wiederholt.

Die Leitung der Einrichtung weist alle Vorwürfe gegenüber dem KURIER zurück und spricht von einer Diffamierungskampagne. „Wir hatten neun Jahre lang keine einzige Beschwerde. Das Ganze ist ein persönlicher Rachefeldzug von ehemaligen Bekannten, die uns ruinieren wollen“, heißt es dazu.