Brütendes Kaiseradler-Weibchen von neun Schrotkugeln getroffen
Von Stefan Jedlicka
Südwestlich von Tulln wurde am Montag ein Kaiseradler-Weibchen angeschossen. Aufmerksame Passanten brachten den verletzten Greifvogel in die von "Vier Pfoten" geführte Eulen- und Greifvogelstation Haringsee, wo er erstversorgt wurde. Der Zustand des Tieres sei trotz Anschuss mit neun Schrotkugeln stabil, heißt es. Ein weiteres forensisches Gutachten zur Klärung des genauen Tatherganges wurde beauftragt. Unklar ist, ob der Kaiseradler jemals wieder in die Freiheit entlassen werden kann.
Jungvögel ihrem Schicksal überlassen
Es handelt sich um einen Brutvogel aus den Tullnerfelder Donauauen, der seine beiden fünf Wochen alten Jungvögel ihrem Schicksal überlassen musste. BirdLife Österreich erstattete Anzeige nach §181f des Strafgesetzbuches (Vorsätzliche Schädigung einer streng geschützten Tierart) und fordert eine Reform des Jagdrechts sowie eine Verbesserung in der Strafverfolgung.
„Wir gehen davon aus, dass dies ein gezielter Anschlag auf einen Kaiseradler ist“, sagt Matthias Schmidt, Greifvogelexperte von BirdLife Österreich. Die Verletzung des Tieres sei für den fragilen Bestand der rund 30 brütenden Kaiseradlerpaare in Österreich bedrohlich. "Denn ob der verbliebene Elternvogel die Jungen alleine aufziehen kann, ist fraglich. Wir werden den Horst in den nächsten Wochen beobachten und gegebenenfalls unterstützend eingreifen. Der lokale Jagdausübungsberechtigte hat seine Hilfe bereits zugesichert."
Sollte es Zeugen des Abschusses oder sonstige Hinweise geben, wird um Meldung über die Plattform Kaiseradler.at, die App birdcrime oder die Hotline 0660 869 2327 ersucht.
Nicht der erste Fall in Tulln
Hinsichtlich illegaler Greifvogelverfolgung sei der Bezirk Tulln kein unbeschriebenes Blatt, so Schmidt. 2015 wurde hier ein Kaiseradler vergiftet aufgefunden. In demselben Jagdrevier, in dem der angeschossene Kaiseradler gefunden wurde, gab es bereits im vergangenen März fünf tote Mäusebussarde, die ebenso von BirdLife zur Anzeige gebracht wurden.
„Eine damalige Untersuchung der Kadaver wurde seitens der Behörden und der Jagd nicht für notwendig erachtet“, erörtert Schmidt, „da diese nahe der Bahnlinie gefunden wurden. Wenn auch rückblickend keine gesicherten Aussagen mehr getroffen werden können, so hinterlässt diese Sachlage jedenfalls eine schiefe Optik!“