Neutal: Kleines Dorf als Magnet für große Firmen
Das große Fest im Vorjahr fiel coronabedingt ins Wasser, dieser Tage holt Neutal (Bezirk Oberpullendorf) die Feierlichkeiten zum 750-jährigen Jubiläum seiner erstmaligen urkundlichen Erwähnung nach. Am Sonntag gab es den ersten Festakt, morgen, Dienstag, steht ein weiteres Fest am Programm. Zum Feiern gibt es jedenfalls einiges, wie sich anhand von Zahlen belegen lässt.
„Neutal war früher ein armes Kleinbauerndorf mit hoher Arbeitslosigkeit“, schildert Bürgermeister Erich Trummer (SPÖ). Auch das Bezirksarbeitsamt war von 1925 bis 1938 im Ort stationiert – der Platz der Arbeit gibt Zeugnis davon. Heute hat der 1.120-Einwohner-Ort ebensoviele Arbeitsstellen wie Einwohner.
"Waren eine klassische Pendlergemeinde"
Bis nach dem Zweiten Weltkrieg war die wirtschaftliche Situation eine triste. In den 1950er und 1960er Jahren gab es kaum Jobs im Ort, ein Großteil der berufstätigen Einwohner mussten auspendeln. Viele waren als (Ofen- und Kamin-)Maurer tätig, manche auch in den USA. „Neutal war eine klassische Pendlergemeinde“, erklärt Trummer. In den 1970er Jahren änderte sich die Lage: Mit der Brown Boveri AG (BBC) kam 1972 der erste große Industriebetrieb in das Dorf. 150 Mitarbeiter beschäftigte das Unternehmen.
International tätige Unternehmen
Danach ging es Schlag auf Schlag, immer mehr Unternehmer ließen sich nieder bzw. tun das noch immer, darunter auch Swarco Futurit. In mehr als 70 Ländern kommen u. a. deren LED-Ampeln zum Einsatz. International bekannt ist etwa auch die Firma Imprint Analytics, die sich u.a. der Vorbeugung von Lebensmittelbetrug widmet.
Etwa 50 Betriebe sind in Neutal angesiedelt, einige haben ihren Sitz im 2002 eröffneten Technologiezentrum. Noch im Winter will Arvai-Plastics aus Salzburg ein Betriebsgebäude bauen, 18 Millionen Euro sollen investiert und 70 Mitarbeiter beschäftigt werden. Der Autozulieferer „IAC“ will einen Standort für Entwicklung und Produktion gründen, bis zu 200 Mitarbeiter sollen Arbeit finden.
Neutal wurde 1270 erstmals urkundlich erwähnt. Das Dorf wurde als Angerdorf angelegt
Zum 750. Jubiläum hat die Gemeinde auf 384 Seiten die Geschichte des Dorfes unter der wissenschaftlichen Leitung der Burgenländischen Forschungsgesellschaft dokumentiert. Das Werk trägt den Namen „Menschen schreiben Geschichte“
25Prozent der Bewohner von Neutal haben heute in etwa ihren Arbeitsplatz im Ort
Warum der kleine Ort auch bei großen Unternehmen so gefragt ist? Bürgermeister Trummer führt unter anderem die gute Verkehrsanbindung an die S31, die moderaten Grundstückspreise sowie die Bereitstellung der Infrastruktur ins Treffen. An dem Erfolg, sagt der Ortschef, müsse man auch stetig arbeiten, denn „von alleine kommt keiner“.
Die Entwicklung schlägt sich im Gemeindebudget nieder: Neutal habe in den vergangenen Jahren nach Eisenstadt die zweite Steuerkopfquote des Burgenlandes gehabt, sagt Trummer. Den Reichtum ausrufen könne man deshalb nicht: „Von jedem durch die Kommunalsteuer eingenommen Euro bleibe nur etwa ein Drittel in der Gemeindekasse. „Wir sind auch ein hohes Risiko eingegangen und haben Millionen investiert.“
Tourismus als "zweites Standbein"
Ein „zweites Standbein“ ist seit einigen Jahren der Tourismus: Auch hier habe man „viel Geld in die Hand genommen“. Neutal ist zu 49 Prozent an der Errichtungsgesellschaft des Jufa Landerlebnis Resort beteiligt. Die Nächtigungszahlen sind von 1.000 (2009) auf mehr als 21.000 (2019) gestiegen.
Gesorgt wird auch für die ältere Generation: Anfang des Jahres wurde das Pflegezentrum Drescher im Ortskern eröffnet. Es bietet Platz für 31 Bewohner, sowie für ein Seniorentageszentrum.