Chronik/Burgenland

Mord in Mörbisch: Rätsel um ein Erdloch als Geldversteck

Es mutet als durchaus bemerkenswerte Geschichte an, die der Tatverdächtige im Fall des Mordes an einem 22-jährigen in Mörbisch (Burgenland) zu seiner Verteidigung parat hat. Um der aufgetischten Story auf den Grund zu gehen, hat das Gericht in Eisenstadt am Freitag einen ungewöhnlichen Lokalaugenschein in Mannersdorf am Leithagebirge (NÖ) abgehalten. Gedreht hat sich dabei alles um ein Erdloch in einem Grüngürtel.

Kevin A. (28) ist der Hauptverdächtige für den Mord an Niklas S.. Die Leiche des jungen Burgenländers war am 10. August mit dem Gesicht nach unten in einem Kanal der Mörbischer Kläranlage entdeckt worden. Laut Obduktion wurde der Staatsbuchhalter mit „stumpfer Gewalt“ gegen den Kopf niedergeschlagen und anschließend im knietiefen Wasser ertränkt. Als verschwunden gelten seither mehrere Tausend Euro des Opfers sowie seine wertvolle Rolex-Armbanduhr vom Modell Batman. Die Polizei startete zuletzt einen Fahndungsaufruf, ob jemand nach dem 10. August die Uhr zum Kauf angeboten hat.

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Am Tatort gewesen

Aufgrund der letzten Kontakte des Opfers führte rasch eine Spur zu Kevin A.. Laut seiner Anwältin Astrid Wagner hatte er Niklas S. durch das Sammeln und den Verkauf teurer Parfum-Flakons kennengelernt. Später sollen sie gelegentlich Geschäfte mit dem Import und Verkauf von Sportwagen gemacht haben. Kevin A. war nachweislich einer der Letzten, die mit dem Getöteten zu tun hatten. Wie Wagner bestätigt, war der 28-Jährige sogar am Tatort. „Daraus macht er auch keinen Hehl. Allerdings hat er nichts mit dem Mord zu tun“, so die Juristin.

Die Version des Verdächtigen lautet, dass Niklas S. ihn gebeten hatte, ihn zu einem „heiklen Treffen“ zu begleiten. Demnach hätte er sich bei der Kläranlage mit zwielichtigen Gestalten verabredet, bei denen der 22-Jährige Schulden gehabt haben soll. Dabei soll es um private Kredite für Immobiliengeschäfte gegangen sein, so die Aussagen des Tatverdächtigen.

Weil das Treffen in Mörbisch allerdings gefährlich aus dem Ruder gelaufen sei, habe Kevin A. selbst Angst bekommen und mit seinem auffällig beklebten BMW 645 das Weite gesucht. Drei Albaner sollen sich Niklas S. „vorgeknöpft haben“.

Die Ermittler haben Zweifel an dieser Version des Tathergangs. Bisher deutet kein einziges Indiz auf die Beteiligung irgendwelcher dubiosen „Geldeintreiber, Mafiosi oder anderer Gestalten hin“, drückt es ein Kriminalist aus.

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Die Ermittlungen im Umfeld des Opfers haben bisher ergeben, dass dessen Immobiliengeschäfte völlig normal und alles andere als dubios waren. Er habe einfach versucht, mit Investments im Wohnungssektor ein zweites finanzielles Standbein aufzubauen. Es dürfte für den 22-Jährigen auch nicht schlecht gelaufen sein. Am Tag der Bluttat soll er annähernd knapp 9.000 Euro Bargeld bei sich getragen haben. Dieses Geld ist weg. Allerdings wurde ein fast identer Bargeldbetrag bei Kevin A. sichergestellt. Die Banknoten sollen durch „äußere Einflüsse“ auch schwer in Mitleidenschaft gezogen worden sein.

Auch dafür hatte der 28-Jährige eine abenteuerlich anmutende Erklärung. Das Geld habe er sich erspart und einen Teil davon geerbt. Weil er kein Vertrauen in Banken oder Ähnliches hatte, habe er die Geldscheine an der Wohnadresse seiner Freundin in einem Erdloch unter einer Hecke verscharrt und dort monatelang versteckt. Das Gericht ging der Sache auf den Grund und ordnete für Freitag eine Nachschau an der Adresse an. In Handschellen zeigte der Mordverdächtige dem Untersuchungsrichter, der Staatsanwaltschaft und den Ermittlern jene Stelle im Grüngürtel in Mannersdorf, wo er angeblich in dem Erdloch das kleine Vermögen gebunkert hatte. Zu sehen war an der Stelle allerdings nicht viel – außer freilich Erde.

Seiner Freundin, die den Lokalaugenschein vom Fenster ihrer Wohnung aus mitverfolgte, warf der 28-Jährige aus der Ferne Küsschen zu. Die Staatsanwaltschaft will demnächst über eine Anklage entscheiden.

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