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Eduard Nicka: „Flüchtlingskind“ und Freund der Auswanderer

Wenn Eduard Nicka die aktuellen Bilder von Frauen und Kindern sieht, die vor dem Krieg in der Ukraine flüchten,  dann wird er unweigerlich an seine eigene Lebensgeschichte erinnert. „Das berührt mich sehr, denn ich bin selber Flüchtlingskind. Ich bin 1945 auf der Flucht vor den Russen geboren worden“, erzählt Nicka in einem Gespräch mit dem KURIER, das sich eigentlich vorwiegend um seine  Tätigkeit bei der „Burgenländischen Gemeinschaft“ (BG) hätte drehen  sollen. Aber die Tragödie in Osteuropa erinnert daran, dass auch im Burgenland einmal ähnliche Zustände geherrscht haben. 

Flucht aus dem Burgenland

Als in der Karwoche 1945 die sowjetischen Panzer Klostermarienberg erreichten, setzte im Südburgenland eine Fluchtbewegung Richtung Westen ein. In Unterschützen hat sich Eduard Nickas  hochschwangere Mutter mit drei Kindern  gemeinsam mit ihrer Mutter und einem Onkel mit dem Pferdewagen auf den Weg ins steirische Ennstal gemacht. Von der dortigen britischen Besatzungsmacht erhofften sich die Burgenländer eine bessere Behandlung als von den Sowjets.

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Am 21. April hat Eduard Nicka in einem Entbindungsheim in Öblarn das Licht der Welt erblickt. Es waren triste Verhältnisse, in die er geboren wurde. Weil das Essen schon mit drei Kindern sehr knapp war, hatte Nickas spätere Lieblingsgroßmutter ihrer Tochter sogar dazu geraten, den neugeborenen Sohn einfach zurückzulassen. „Sie hat gesagt: ‚Hast eh schon drei, jetzt hast den auch noch gebraucht? Lass ihn da, wird ihn schon wer finden, der ihm was zu essen gibt.‘ Das hat sie mir später unter Tränen erzählt“, erinnert sich der bald 77-Jährige.

Eine neue Chance

Aber der kleine Eduard durfte bleiben und irgendwie hat  es die Familie doch geschafft, sich durch die harten Wochen nach dem Kriegsende zu kämpfen. „Wir waren sechs Monate oben. Dann hat es geheißen, die Russen haben sich beruhigt“, erzählt Nicka. Der Bauernhof im Südburgenland war zwar von den russischen Besatzern leer geräumt, aber immerhin stand er noch. Die Familie bekam eine neue Chance. 

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Eduard Nicka wurde Lehrer und später auch Politiker: Von 1987 bis 2000 war er Landtagsabgeordneter  der FPÖ. Fragen über seine Partei möchte er in der Zeitung nicht mehr beantworten, da er schon lange keine politische Funktion mehr ausübt. Viel lieber spricht er über die „Burgenländische Gemeinschaft“. Seit Juli 2021 ist Eduard Nicka Präsident der Auswanderer-Organisation, die Kontakte in ganze Welt pflegt. „Bei uns hat jeder einen Onkel in Amerika und eine Tante in Wien“, zitiert Nicka einen seiner Lieblingssprüche. Sein eigener Bruder ist 1959 nach Australien ausgewandert und dort geblieben.

Eduard Nicka
Geboren am 21. April 1945 in Öblarn (Steiermark), hat er als Volksschul- und Hauptschullehrer gearbeitet, war Landtagsabgeordneter und Parteiobmann-Stellvertreter der FPÖ Burgenland. 

Ehrenamtliche Tätigkeiten
Eduard Nicka ist außerdem Spielleiter der Laientheater-Gruppe „Kurbühne Bad Tatzmannsdorf“ und hat im Juli 2021 Walter Dujmovits als Präsident der „Burgenländischen Gemeinschaft“ abgelöst.

Die BG dient als Bindeglied zwischen den Auswanderer-Communitys (die größten gibt es  in den USA und Kanada) und der alten Heimat. Viermal im Jahr wird eine Zeitung für die Auslandsburgenländer produziert – erst am Donnerstag  wurde wieder eine neue Ausgabe verschickt. 

Eine neue Generation

Eine besonderes Anliegen ist Eduard Nicka, dass auch mit den Auswandererkindern der zweiten und dritten Generation der Kontakt zum Burgenland bestehen bleibt. Dafür gibt es Initiativen in Übersee wie die Internet-Plattform „The Burgenland Bunch“ oder auch die Wahl der „Miss Burgenland New York“, die  seit 1971 jährlich veranstaltet wird.
Das traditionelle Auslandsburgenländer-Treffen im Bezirk Güssing musste pandemiebedingt in den letzten beiden Jahren pausieren. Heuer, am 3. Juli, soll im Weinmuseum Moschendorf aber das große Wiedersehen gelingen – dabei wird auch  das 60-Jahr-Jubiläum der Heimattreffen gefeiert.

Als Präsident der „Burgenländischen Gemeinschaft“ hat sich Eduard Nicka fest vorgenommen, dass auch für die Nachfahren der Auswanderer der Bezug zum Burgenland erhalten bleibt.  Derzeit werden Pläne geschmiedet, diese Nachkommen für einen Monat ins Burgenland einzuladen. 
„Das Ziel ist, den jungen Leuten die alte Heimat vorzustellen, um zu zeigen wie positiv sich das Land ihrer Vorfahren  verändert hat und dass es schon lange keinen Grund mehr gibt, das Land aus Not zu verlassen“, gibt Nicka einen Einblick in seine Intentionen.