Burn-out: Jede dritte Führungskraft gefährdet

Burn-out: Jede dritte Führungskraft gefährdet
Vor allem jüngere Personen fürchten die Erschöpfungsdepression.

Ein Drittel der Führungskräfte in Österreich und Deutschland sieht sich tendenziell Burn-out-gefährdet, fünf Prozent halten sich für akut gefährdet, geht aus dem aktuellen Hernstein Management Report hervor. Das Institut hat 1.079 österreichische und deutsche Führungskräfte zum Thema Burn-out und Gesundheit befragt. Jüngere bzw. seit kürzerer Zeit in einer Führungsposition befindliche Personen schätzen sich stärker Burn-out-gefährdet ein. Fast 50 Prozent der Befragten gaben an, häufig gestresst zu sein.

Acht von zehn Führungskräften haben in ihren Unternehmen bereits Burn-out-Fälle erlebt. Sechs von zehn geben an, dies bei Führungskollegen oder -kolleginnen beobachtet zu haben, vier von zehn kennen Burn-out bei den eigenen, direkt geführten Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Jede zehnte Führungskraft war oder ist selbst davon betroffen.

Stopp-Taste

Von einem Burn-out-Risiko betroffene Personen schätzen die Wichtigkeit und die Beeinflussbarkeit des Themas durch Führungsarbeit allgemein als hoch ein. "Hier tut sich eine Lücke zwischen Wissen und Handeln auf. Personen, die sich selbst als gefährdet ansehen, machen tendenziell weniger oft Pausen, weniger Sport und weniger Ausgleich als diejenigen, die sich als nicht gefährdet empfinden", heißt es in der Presseaussendung der Hernstein-Instituts am Mittwoch. Wichtig sei es, trotz des ganzen Trubels die Stopp-Taste zu drücken, die eigenen Stressmuster zu kennen und zu durchbrechen.

Eine positive Arbeitsumgebung beinhaltet laut dem Institut die drei Eckpfeiler Sinn, Kollegialität und Wertschätzung. Zwei Drittel der befragten Führungskräfte gaben an, mehrmals oder zumindest einmal pro Woche Ausdauersport zu betreiben. Dies ist mit Abstand die am häufigsten ausgeübte Sportart. Gymnastik und Beweglichkeitstrainings wie Yoga nutzen vor allem weibliche Führungskräfte. Mentaltechniken werden am häufigsten vom Top-Management genutzt.

Wehleidig und schwach: So werden Menschen, die nach einem Burn-out an den Arbeitsplatz zurückkehren, von Kollegen oft wahrgenommen. Das macht Betroffenen Angst. Genauso wie Vorgesetzte, die fürchten, dass man bei geringster Belastung überfordert ist. Viel zu selten finde eine Burn-out-Nachsorge vonseiten des Arbeitgebers statt, sagte Univ.-Prof. Wolfgang Lalouschek vom Interdisziplinären Gesundheitszentrum the Tree im Rahmen des Lundbeck Presseforums Psychiatrie.

Die meisten Rehabilitationsangebote seien viel zu wenig berufsorientiert. "Gerade Führungskräfte haben die Verantwortung, Mitarbeitern Unterstützung anzubieten. Der Arbeitgeber kann wichtige Unterstützung für den Wiedereinstieg leisten, auch finanziell", sagte Lalouschek. Zusätzlich zu einer Therapie mit Ärzten, Psychotherapeuten und anderen Disziplinen sollen gemeinsam mit berufsorientierten Coachings berufliche Fragen bearbeitet werden – wie etwa das Verhalten der Führungskraft und den Kollegen gegenüber. Oder der Umgang mit Mehrfachbelastungen.

Schrittweise

Nach einem Burn-out brauche es die Möglichkeit, schrittweise zurückzukehren. "Ein Alles-oder-nichts-Prinzip, im Rahmen dessen nur danach gefragt wird, ob man nun arbeitsfähig ist oder nicht, ist für die Rückkehr an den Arbeitsplatz nicht sinnvoll", meint Univ.-Prof. Michael Musalek, Ärztlicher Leiter des Anton Proksch Instituts.

Viel zu oft komme es zu einem unnötigen Ausscheiden aus dem Arbeitsprozess. Seit 2009 sind etwa Frühpensionierungen mit der Diagnose Burn-out um 42 Prozent angestiegen. Musalek: "Ein Ausschließen aus dem Arbeitsmarkt sollte bei fortgeschrittenem Burn-out nur dann erfolgen, wenn alle Maßnahmen zur Behandlung und Reintegration ausgeschöpft wurden."

Vorzeigemodell

Ein Unternehmen, in dem der stufenweise Wiedereinstieg nach einem Burn-out unterstützt wird, ist die Erste Bank. "Alle Mitarbeiter, die 30 Tage oder länger in Krankenstand waren – egal, ob Burn-out oder eine andere Diagnose – , haben die Möglichkeit bei vollem Gehalt mit weniger Stunden zurückzukehren und auch bestimmte Tätigkeiten müssen noch nicht in vollem Ausmaß stattfinden", erzählt Eva Höltl, Leiterin des Gesundheitszentrums der Erste Bank. Bis zu drei Monate werden Betroffene so stufenweise wieder in den Arbeitsprozess eingegliedert. Höltl nennt ein Beispiel: "Wenn jemand in einer Beschwerdestelle arbeitet, können am Anfang Kundenkontakte eher gering gehalten werden. Der Mitarbeiter kann dann selbst entscheiden, wie er sich einarbeiten möchte."

Derartige Modelle seien allerdings die Ausnahme, so die Experten. Wesentliche Quelle zur Verbesserung liegt zudem auch in Veränderungen des Lebensstils, einer Stärkung guter Beziehungen sowie adäquater Regeneration, z. B. Freizeitgestaltung. In den meisten Fällen ist Burn-out gut behandelbar.

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