Android-Nutzer sind bescheidener

„Wir mögen es nicht, wenn andere unser Telefon verwenden, weil es so viele Infos über uns in sich birgt“
Forscher gingen der Frage nach, was die Handy-Wahl über den Nutzer sagt.

Wer ein Android-Smartphone besitzt, ist ehrlicher, bescheidener und aufgeschlossener – iPhone-Nutzer sind im hingegen deutlich extrovertierter und sehen ihr Handy als Statussymbol. Absurdes Klischee? Nicht, wenn es nach den Psychologen der University of Lincoln und der Lancaster University geht.

Sie haben in einer ersten Studie zunächst 240 Teilnehmer danach gefragt, welche Charaktereigenschaften sie mit den Nutzern verschiedener Smartphone-Marken verbinden. In einer zweiten Studie wurden dann die Persönlichkeitsmerkmale von 530 Android- und iPhone-Besitzern erfasst und mit den Resultaten der ersten Studie verglichen.

Individualität

Das Ergebnis: Android-Nutzer werden nicht nur von anderen so wahrgenommen – sie scheinen tatsächlich häufiger ehrlich und bescheiden zu sein. Auffällig war auch, dass es ihnen Individualität wichtiger ist, sie wollen nicht dasselbe Produkt haben wie alle anderen. Im Gegensatz dazu achten iPhone-Nutzer mehr auf Statussymbole.

Die Resultate haben außerdem gezeigt, dass Frauen doppelt so häufig ein iPhone besitzen als ein Android-Handy. Die Studienleiterin Heather Shaw erklärt dazu: "Die Wahl des Smartphones ist die grundlegendste Form der Personalisierung – und sogar hier kann man schon viel über den Nutzer herausfinden." Die Psychologin will Denkanstöße geben, wie viel jeder Konsument durch seine Kaufentscheidungen von sich preisgibt und wie viele Informationen Smartphones über den Besitzer verraten können.

Digitale Miniversion

"Man stelle sich vor, wir würden weiter untersuchen, wie die Persönlichkeit mit der Wahl der Handy-Apps zusammenhängt. Es zeigt sich, dass Smartphones zu einer digitalen Miniversion des Nutzers geworden sind. Und viele von uns mögen es nicht, wenn andere unser Telefon verwenden, weil es so viele Informationen über uns in sich birgt."

Wie die Studie zeigt, gehen diese Informationen weit über das Telefonbuch, den Kalender, private Fotos und Nachrichten mit den Liebsten hinaus – als wäre das nicht schon privat genug.

„Es wäre so toll, wenn wir die Fingerabdrücke von allen Menschen hätten“, grübelt ein FBI-Agent in einer Karikatur – und wird von einem IT-Freak gestört: „Schau mal, wir haben ein cooles Handy gemacht, das sich nur per Fingerabdruck entsperren lässt.“

Auch, wenn viele diese Funktion in ihrem Smartphone nicht nutzen – die bittere Wahrheit ist, unsere Handys wissen längst mehr über uns als uns lieb ist. Und meist auch mehr als uns bewusst ist. Das geht weit über Telefonnummern und pikante Nachrichten oder Fotos hinaus. Die Fitness-App zeichnet unsere Strecken und die Gehgeschwindigkeit auf. YouTube, Shazam und Spotify kennen unseren Musikgeschmack. Und an diversen Spiele-Apps lässt sich ablesen, ob man eher der Sudoku- oder der Pokémon-Typ ist.

Da will man sich gar nicht ausmalen, was Psychologen alles aus diesen Informationen herauslesen könnten. Macht nichts, das erledigen schon diverse Marketing-Gurus, die sich mit personalisierten Werbe-Einschaltungen eine goldene Nase verdienen. Da hilft nur noch, alle Funktionen verweigern – oder das Handy verweigern? Sagt sich leicht. Vom Zugticket bis zur Bezahlung im Supermarkt, wir steuern auf eine digitale – und gläserne – Zukunft zu. Wir sind längst drin.

laila.daneshmandi@kurier.at

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