Transportwirtschaft sucht 4000 Lkw-Lenker

Stehzeiten bald unbezahlt? Die Gewerkschaft leistet Widerstand.
Personalkrise spitzt sich zu. Die Gewerkschaft gibt der Branche selbst die Schuld.

Vom König der Landstraße ist wenig übrig. Der Beruf des Lkw-Fahrers wird in Österreich zum Mangelberuf. Mindestens 4000 offene Stellen könnten derzeit nicht besetzt werden, schlägt die Wirtschaftskammer (WKÖ) Alarm. "Wir bekommen nicht genug Fachkräfte. Wenn die Wirtschaft anzieht, werden in der Branche 7000 bis 8000 Arbeitskräfte fehlen", klagt Alexander Klacska, Obmann der Sparte Transport und Verkehr in der WKÖ. Der Arbeitskräftemangel behindere in manchen Betrieben bereits die Geschäftstätigkeit.

Um die Personallücke zu schließen, kooperiert die Branche u. a. mit dem AMS Oberösterreich, um Arbeitslose gegebenenfalls umzuschulen. Das Projekt laufe mit mäßigem Erfolg, berichtet Klacska: "Der Verkauf von offenen Stellen ist schwierig. Ich finde es erschreckend, dass Arbeitsuchende hier nicht einfach zugreifen."

Schuld an der Jobmisere ist für Klacka sowohl die zunehmende Billigkonkurrenz aus dem Ausland als auch das schlechte Berufsimage. "Der Bereich Transport wird in der Öffentlichkeit oft negativ dargestellt, die jungen Menschen kommen uns abhanden." Unzufrieden sind die Transportunternehmer auch mit den rechtlichen Rahmenbedingungen. So müssen Lkw-Lenker in Österreich mindestens 21 Jahre alt sein, um den Führerschein zu erhalten. Für Klacska ist das zu spät.

"Selbst schuld"

Die Transportgewerkschaft hält die angeblichen Personalengpässe für hausgemacht. "Da ist die Wirtschaftskammer selbst schuld daran", ärgert sich Karl Delfs, zuständig für den Straßenbereich in der Gewerkschaft vida, über eine "gewisse Scheinheiligkeit". Denn viele Frächter würden gar keine Österreicher mehr einstellen und längst Billigpersonal aus Rumänien, Bulgarien, Polen oder Tschechien engagieren. Diese würden schon um 500 Euro im Monat fahren, der kollektivvertragliche Mindestlohn in Österreich beginnt bei 1463 Euro brutto.

Ein neuer, etwas höher dotierter Kollektivvertrag scheiterte kürzlich am Widerstand der Gewerkschaft. Diese will keinesfalls hinnehmen, dass künftig "unproduktive Zeiten", also Stehzeiten, nicht mehr bezahlt werden sollen. "Das wäre bei Lkw-Lenkern so, als wenn man bei den Journalisten die Recherchezeit nicht mehr bezahlt", schäumt vida-Vizechef Roman Hebenstreit. Damit würden die Könige der Landstraße endgültig zu "Sklaven der Autobahn" degradiert.

Ausländische Zusteller

Einigkeit in der Branche gibt es im Kampf gegen osteuropäische Firmen, die mit Eigenpersonal immer mehr Transportaufträge innerhalb von Österreich erledigen (Kabotage). Betroffen ist hier vor allem der Baustellen- und Zustellverkehr. Die Fahrten sind gesetzlich limitiert, Kontrollen sind jedoch schwierig und finden daher faktisch nicht statt. Die Wirtschaftsuni Wien soll das Ausmaß der Kabotage und dessen Auswirkungen auf die heimische Transportbranche jetzt erstmals erheben. Ziel ist es, anhand dieser Fakten das Gesetz zu reformieren. Nähere Infos dazu finden Sie hier.

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