Heiliger Abend ohne Geschenke

Heiliger Abend ohne Geschenke
Die rund 1200 Insassen der Justizanstalt Josefstadt suchen Besinnung und Trost.

Ein im besten Fall freudiges, schönes und besinnliches Fest steht dieser Tage zu Weihnachten vor der Tür. Eigenschaften, die man nicht gerade mit einem Gefängnis verbindet. Doch der Weihnachtsfriede klopf auch an die Pforten der Justizanstalten im ganzen Land. Der KURIER war im Gefängnis in Wien-Josefstadt und hat sich umgesehen, wie viel Weihnachtsstimmung eigentlich hinter die dicken Mauern dringt.

Beim Betreten des Gebäudes ist zunächst überraschend, wie viel weihnachtliche Dekoration hinter Gittern zu finden ist. Gleich im Eingangsbereich steht ein großer, opulent geschmückter Christbaum – nur einer von vielen, wie die Leiterin der Justizanstalt, Helene Pigl, erzählt: "Wir haben in fast allen Abteilungen geschmückte Bäume und Adventskränze." Teils sei der Behang sogar von den Häftlingen selbst gebastelt worden. Eine Beschäftigung, die gerade im Advent ein wichtiger Zeitvertreib ist. In dem Gefängnis mit rund 1200 Insassen hadern die meisten gerade im Dezember mit der Haft und den Umständen, die sie in die Situation gebracht haben. Dann ist Herbert Trimmel besonders gefragt. Der Pastoralassistent arbeitet seit 30 Jahren als Seelsorger für Häftlinge. "Der Gesprächsbedarf ist jetzt höher. Viele haben richtig Angst, den Heiligen Abend alleine in der Zelle verbringen zu müssen", sagt Trimmel. Manche, die mit Kirche vorher gar nichts zu tun hatten, finden in dieser Zeit auch zu Gott: "Sie haben eben viel Zeit, um nachzudenken."

Auch wenn mitunter "schwere Jungs" in der Josefstadt in Haft sind, hat Helene Pigls einen Leitsatz, der sie zur Höflichkeit verpflichtet: "Ich bin nett zu den Insassen, um ihnen zu zeigen, wie ein guter Umgang funktionieren kann. Wir müssen ihnen das vorleben." Eine Einstellung die Pigl an die ganze Anstalt weitergibt.

Kein Besuch

Trotzdem ist die Justizanstalt ein Gefängnis und kein Hotel – es gibt Einschränkungen und das genau am Heiligen Abend. Weil die meisten Angestellten da einen freien Tag haben, sind keine Besuchstermine möglich. Auch Geschenke von den Angehörigen dürfen die Häftlinge nicht entgegennehmen. Der Zeitaufwand, um alles zu durchsuchen wäre laut Pigl mit dem Personalstand nicht machbar. Auf dem Speiseplan steht an den Feiertagen aber etwas Besonderes: ein Wiener Schnitzel zum Beispiel. Für Muslime gibt es auch etwas Spezielles, denn obwohl die zwar kein Weihnachten feiern, beteiligen sie sich gern an der Dekoration. Und stellen vereinzelt sogar die Anfrage, ob sie beim Gottesdienst dabei sein dürfen, wie Seelsorger Trimmel erzählt. "Das Gemeinschaftsgefühl ist wichtig. Egal, ob im Gefängnis oder sonst wo."

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