Busek: "Es gibt eine gewisse Sehnsucht"

Busek: "Es gibt eine gewisse Sehnsucht"
Habsburger: Kitsch, Kabarett und Romantik oder politische Bedeutung? Erhard Busek über das Verhältnis der Österreicher zu ihren Ex-Herrschern.

Otto Habsburg bekommt ein pompöses Begräbnis, das jeden Staatsakt in den Schatten stellt. Seine Verdienste rund um die Ostöffnung werden euphorisch gerühmt. Welche Rolle spielen die Habsburger heute für Österreich? Der frühere ÖVP-Chef Erhard Busek verweist auf die wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung des Donauraums, also der früheren Kronländer, für Österreich. Der Adel sei auch gut für das Österreich-Bewusstsein und stille das Bedürfnis nach Romantik und Geschichte. Mehr nicht.

KURIER: Rund um den Tod von Otto Habsburg wird so viel Aufsehen gemacht, dass man glauben könnte, er wäre tatsächlich unser Kaiser gewesen. Sind die Österreicher Monarchisten?
Erhard Busek:
Das Begräbnis in der Kapuzinergruft ist aus meiner Sicht berechtigt. Das ist eine Familiengruft, seine Mutter Zita ist dort, Kaiser Karl würde auch noch dort hingehören. Sonst gibt es nur eine gewisse Sehnsucht, ohne Kenntnis von Geschichte. Die Habsburger fallen ja mehr in die Kategorie: Da war einmal ein alter Herr mit Bart, Franz Joseph, dann war Sisi und Mayerling. Das ist wie Kino, kein Geschichtsbewusstsein.

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Die Österreicher schauen sich im Fernsehen stundenlang Fürsten- und Prinzenhochzeiten an. Steckt da nicht doch ein wenig Sehnsucht nach der Monarchie dahinter?
Nein. Man konnte am letzten Wochenende dem Albert und seiner Braut ja nirgendwo ausweichen, alle Sender, alle Zeitungen waren voll. Dabei ist das Fürstentum so etwas von unwichtig, außer man ist ein Steuerhinterzieher. Offenbar hat unsere manchmal etwas nüchterne Welt ein Romantik-Bedürfnis. Das gibt eine Republik nicht her. Mehr ist das nicht.

Haben die Habsburger noch irgendeine Bedeutung für Österreich?
Die Erinnerung an die Habsburger-Monarchie im Sinne des gemeinsamen Raumes, dass wir alle einmal beisammen waren, das hat eine Bedeutung. Da leben wir auch wirtschaftlich davon, manchmal emotional, auf jeden Fall kulturell. Politisch gesehen haben die Habsburger keine Bedeutung.

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Für diesen gemeinsamen Raum hat gerade Otto Habsburg einiges getan.
Es wurde ein bisschen hochstilisiert, aber er hat das immer vertreten. Er hat sich auch bei Österreichs Aufnahme in die EU und rund um 1989 (Ostöffnung, Anm.) sehr bemüht. Seine Familienmitglieder hat er strategisch über den Raum der alten Monarchie verteilt. Ein Sohn ist in Ungarn, eine Tochter ist Botschafterin für Georgien. Das ist nicht ungeschickt gemacht. Eines kann man den Aristokraten ja nachsagen: Sie haben glänzende internationale Verbindungen. Es ist ja jeder mit jedem irgendwie verwandt.

Spielt der Adel damit nicht doch eine politische Rolle?
Eigentlich nicht. Das wird nur irgendwie nutzbar gemacht. In der Diplomatie ist die Aristokratie immer noch relativ stark vertreten. Adelige haben familiäre Netzwerke, verfügen über gute Sprachkenntnisse und haben eine andere Fähigkeit des Umgangs aufgrund ihrer Erziehung. Und sie haben ausgezeichnete historische Kenntnisse. Das Gros der heutigen Politiker hat das gar nicht. Ich bin ja ein alter Bekämpfer von Provinzialismus. Einen gewissen Hauch von Weltläufigkeit haben sie natürlich schon. Die Klugen haben aber gewusst, sie müssen in die Wirtschaft gehen, nicht in die Politik.

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Sollte man dieses Potenzial nicht doch mehr nutzen?
Ich war immer der Meinung, in der ÖVP sollte es ein, zwei aus der Grafen-Gewerkschaft geben. Aber das wollten nicht alle. Vor allem in Niederösterreich gibt es große emotionale Ressentiments, offenbar bedingt durch die Erinnerung an die Leibeigenschaft.

Otto Habsburg war ja politisch tätig. Auch sein Sohn hat sich als Politiker versucht. Jetzt dürfen die Habsburger auch bei der Bundespräsidentenwahl kandidieren. Werden die Habsburger wieder aktiv werden?
Nein. Otto Habsburg hatte als letzter Kronprinz - nur für zwei Jahre - einen Medienwert. Franz-Joseph Strauß hat das sehr geschickt genutzt. Wobei die österreichische Aristokratie eigentlich entsetzt war. Ein prominenter Adeliger hat einmal zu mir gesagt: Wenn ich ein Habsburger bin, gehe ich nicht zu den Wittelsbachern in den Dienst. Eines muss man den Adeligen aber zugute halten: Sie waren immer für Österreich. Es gab nur ganz wenige Adelige, die irgendwo an den Nazis angestreift sind.

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Die Sissi-Filme der 1950er-Jahre waren auch dazu gedacht, ein Österreich-Bewusstsein zu schaffen und das Deutschtum zu verdrängen. War das nötig?
Das hat uns nach der Nazizeit einen historischen Hintergrund gegeben, obwohl viele das lange anders gesehen haben. Ich bin sehr beeindruckt, dass die Nationalbibliothek jetzt diese Alt-Österreich-Ausstellung (über Menschen, Länder und Völker in der Habsburgermonarchie, Anm.) macht, und dass sie von 'Heinz Fischer eröffnet wurde. An und für sich war die Sozialdemokratie bis zu Kreisky der Meinung, dass das heutige Österreich mit der Monarchie nichts zu tun hat. Das ist ja nicht der Fall. Wir begegnen der Monarchie nicht nur auf der Wiener Ringstraße, sondern auch in unserer Nachbarschaft. Am Burgberg in Budapest steht auch der Prinz Eugen.

Busek: Experte für den Donauraum

Politik
Erhard Busek (70) kam schon als Kind mit dem Adel in Kontakt. Sein Vater war Verwalter von Liegenschaften des Fürsten Liechtenstein. 1989 wurde der Jurist Obmann der Wiener ÖVP (Bunte Vögel) und Wissenschaftsminister, 1991 ÖVP-Chef und Vizekanzler.
Mitteleuropa
Nach seinem Polit-Abschied 1995 übernahm er den Vorsitz des Instituts für den Donauraum und Mitteleuropa. Er war Regierungsbeauftragter für die EU-Erweiterung. Seit 2004 ist er Rektor der Fachhochschule Salzburg.

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