Vettel bezeichnet sein Auto als "Gurke"
Perfekter hätte das "Vorspiel" für das Comeback der Formel 1 in Österreich nicht verlaufen können. Im siebenten Saisonlauf wurde die Mercedes-Vorherrschaft zumindest unterbrochen. Der Überraschungssieg von Daniel Ricciardo sowie Platz drei für Sebastian Vettel in Montreal lässt nun zudem sogar Hoffnung auf einen Erfolg auch beim Heimspiel von Red Bull Racing am 22. Juni aufkommen.
Wie souverän Ricciardo das neue Hybrid-Auto fährt, bewies der anstelle von Mark Webber geholte Red-Bull-Junior nicht erst bei seinen finalen Überholmanövern in Kanada. Obwohl er als Dritter beim Heimrennen in Australien disqualifiziert worden ist, liegt der Aufsteiger aus Perth nach seinem ersten GP-Sieg in der WM als bester Nicht-Mercedes-Pilot auf Platz drei. Weltmeister Vettel hingegen ist auch nach Kanada nur Fünfter und hadert weiter mit PS-Mangel und Pech.
Der Premieren-Erfolg von Ricciardo nach einem dramatischen Fünfkampf um den Sieg und einem wilden Crash zwischen Felipe Massa und Sergio Perez (der dafür in Österreich plus 5 bekommt) bewies, dass Red Bull gewinnen kann, wenn Mercedes Probleme hat. Ein Szenario, das eigentlich Vettel in Kanada für sich nutzen wollte. Dann aber spielte das Schicksal nicht ihm, sondern seinem jungen Teamkollegen Ricciardo in die Hände.
Der war zunächst fassungslos, verschob dann aber seine Heimflug, um in Montreal ordentlich zu feiern. Bereits mit Vorfreude auf Spielberg. "Wenn wir dort das gleiche Ergebnis abliefern, wird Österreich explodieren", scherzte der stets gut gelaunte 24-Jährige. "Ich will dort wieder auf das Podium!"
Beide Red-Bull-Fahrer bissen sich in Kanada lange an den ebenfalls mit Mercedes-Antrieb fahrenden Force Indias und Williams' die Zähne aus. Vettel verpasste dann zudem mit einem nicht ideal getimten Boxenstopp die Chance, an Ricciardo vorbei zu gehen. Das kostetet ihn am Ende womöglich den ersten Saisonsieg.
Frust bei Vettel
Kein Wunder, dass sich der erfolgsgetriebene Titelverteidiger über seine zweiten Saison-Podestplatz nur bedingt freuen konnte. Die seiner Meinung nach verfehlte Rennstrategie ("Wir haben den Sieg hergeschenkt, weil uns strategisch nichts eingefallen ist"), vor allem aber die weiterhin fehlenden Renault-PS sorgten für reichlich Frust beim Deutschen.
"Man muss es, Entschuldigung, einmal auch sagen, dass mit dieser Gurke auf der Geraden nichts zu holen ist", griff Vettel zu klaren Worten.
Bei Motorsportdirektor Helmut Marko lief Vettel damit offene Türen ein. "An Autos mit Mercedes-Motoren kommen wir einfach nicht vorbei", stellte der Grazer auch in Kanada wieder fest. "Wir haben unsere ganze Strategie auf Power-Aufbau aus den Kurven hingearbeitet, aber nicht einmal das hat gereicht", erklärte Marko. "Man hat gesehen, wir brauchen mehr PS, um halbwegs mithalten zu können." Für diese Zusatz-PS soll in Österreich ein neues Benzin sorgen, das Red-Bull-Partner Total gerade entwickelt.
Die Freude über den ersten Saisonsieg auch für Renault ging parallel mit dem Lob für Ricciardo. "Eine sensationelle Leistung. Der Bursche ist nervenstark und gut auf der Bremse. Wir haben immer an ihn geglaubt", sagte Marko. Vettel habe hingegen Pech gehabt. "Aber so ist Racing. Wäre er früher vorbei gekommen, hätte das Rennen eventuell ihm gehört."
Mit den Plätzen eins und drei sei man mehr als zufrieden, Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz sei angesichts des Erfolges ziemlich überrascht gewesen, berichtete Marko. Und der erste Saisonsieg angesichts der Start-Schwierigkeiten doppelt schön. "Das jetzt ist die richtige Genugtuung."
Und vor dem Österreich-Grand-Prix die richtige Motivation und eine Aufbruchstimmung, betonte der Grazer. Auch wenn Red Bull aus eigener Kraft noch immer noch nicht gewinnen kann. Marko: "Wir wollen in eine Position kommen, aus der wir Mercedes angreifen können." Beim nächsten Mal will aber Vettel der Red-Bull-Fahrer sein, der davon profitiert.
Der Streit zwischen Red Bull Racing und McLaren um Aerodynamiker Dan Fallows dürfte rund um die Bekanntgabe der neuen Aufgaben für Adrian Newey ebenfalls gelöst worden zu sein. Laut britischen Medien haben Red-Bull-Teamchef Christian Horner und McLaren-CEO Ron Dennis in Montreal eine "Handschlagvereinbarung" getroffen, der drohende Zivilrechtsstreit ist damit abgeblasen.
Hintergrund ist ein "Personaltausch". Peter Prodromou, bei Red Bull als Aerodynamik-Chef lange die rechte Hand von Star-Designer Newey, soll ab 2015 bei McLaren den Neubeginn mit Honda begleiten. Im Gegenzug fädelten die Österreicher die Rückkehr von Fallows ein, was laut McLaren Vertragsbruch darstellt. Jetzt soll laut "autosport" der seit Monaten schwelende Streit aber beendet sein, der bei Red Bull freigestellte Prodromou darf dafür früher bei McLaren beginnen.
Im Fall Newey verdichten sich unterdessen die Gerüchte, der 55-jährige Brite könnte künftig verstärkt im Bereich America's Cup tätig sein. Und zwar für das britische Projekt des mehrfachen Olympiasiegers Ben Ainsley und für 2017.
Tut Newey das ihm Rahmen der Red Bull Advanced Technology, wäre das Unternehmen noch stärker in die Königsklasse des Segelsports eingebunden. Der von der stark beschnittenen Formel 1 enttäuschte Newey wird aber auf jeden Fall noch das 2015er-Auto für Sebastian Vettel und Daniel Ricciardo, also den RB11, designen.
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