Kappenwurf und Wut: Rosberg sauer auf Hamilton

"Mein Teamkollege versucht, mich verhungern zu lassen", wütete Rosberg nach dem Titelgewinn Hamiltons.

Der Anblick des überglücklich feiernden Lewis Hamilton wurde für Nico Rosberg zu einer einzigen Qual. In den unbändigen Jubelrausch des nun dreifachen Formel-1-Weltmeisters aus Großbritannien platzte Rosberg mit einem Wutausbruch samt Kappenwurf und Ego-Vorwürfen.

"Mein Teamkollege versucht, mich verhungern zu lassen", wütete Rosberg und legte mit versteinerter Miene nach: "Dass er in mich reinfährt, ist ein Schritt zu viel für mich." Nach dem gemeinsamen Teamfoto um Hamilton verschwand Rosberg so schnell es ging. Den Anblick des jubelnden Briten mit dem Union Jack über den Schultern inmitten der feiernden Mercedes-Crew konnte der wieder einmal geschlagene Deutsche einfach nicht ertragen.

Noch bevor es aufs Podium ging, hatte Rosberg sogar eine Sponsorenkappe Hamilton sichtlich verärgert wieder zurückgeworfen. Als "normale Spielchen" tat es der aktuelle WM-Dritte anschließend ab. So sah es allerdings nicht aus.

Hamilton hielt sich mit Rosbergs Vorwürfen zum kompromisslosen Überholmanöver in der ersten Kurve des spektakulären Großen Preises der USA gar nicht lange auf. Er genoss lieber den "größten Moment" seiner Karriere nach dem dritten Gewinn der Weltmeisterschaft nach 2008 und 2014. "Für mich war es immer das Ziel, diese drei wie Ayrton Senna zu schaffen", betonte Hamilton.

Lauda: Hamilton "noch schneller als im vergangenen Jahr"

Er ist der erste britische Pilot, dem eine Titelverteidigung gelang. Hamilton zog zudem mit der britischen Rennlegende Sir Jackie Stewart gleich - und mit Mercedes-Teamaufsichtsratschef Niki Lauda. "Er ist noch schneller als im vergangenen Jahr, das ist es, was man als Weltmeister machen muss", meinte der Österreicher und prophezeite. "Er wird noch mehr gewinnen, wenn er so weiter macht."

Wenn es hingegen für Rosberg so weitergeht, wird er auf seinen ersten Titel weiter warten müssen. Zumal Sebastian Vettel nach dem vorzeitigen Aus im Titelkampf durch Hamiltons Triumph im viertletzten Saisonrennen erst recht im kommenden Jahr attackieren will. "Es ist kein gutes Gefühl, wenn du weißt, dass du nicht mehr um die WM mitkämpfen kannst", erklärte Ferrari-Star. "Daher geben uns Tage wie diese zusätzlichen Schub fürs nächste Jahr und danach."

Umstrittenes Manöver

Spürbar bemüht waren die Teamverantwortlichen, die Attacke von Hamilton umgehend als zu hart zu deklarieren. Rosberg sei in Kurve eins vorne gewesen, meinte Teamchef Toto Wolff. So klar konnten die TV-Bilder das jedoch nicht belegen. "Ich finde, ich habe ein Recht auf ein Stück Strecke", reklamierte Rosberg und beklagte mehrfach die zu aggressive Fahrweise Hamiltons in der Szene. "Er hat es übertrieben."

Allerdings hielt es die Rennleitung nicht einmal für notwendig, sich das Manöver anzuschauen, bei dem sich die beiden Silberpfeile touchierten. Rosberg forderte dafür eine teaminterne Aussprache, nachdem Hamilton in weltmeisterlicher Manier lieber auf der Strecke Taten hatte sprechen lassen.

Hamilton auf Spuren von Schumacher und Vettel

Er feierte bereits den zehnten Saisonsieg. Gewinnt er die nächsten drei Rennen auch noch, egalisiert er den Rekord von Michael Schumacher und Sebastian Vettel aus den Jahren 2004 und 2013. In seiner Karriere gelangen Hamilton bisher 43 Siege. Rosberg kommt in der aktuellen WM-Runde auf drei erste Plätze und insgesamt elf in seiner Laufbahn - das spricht auch für sich.

"Ein Fahrer wird nie gänzlich zufrieden sein, wenn ein anderer gewinnt", meinte Wolff zur Szene, die Rosberg so erzürnte. "Jetzt reisen wir ab, kühlen die Köpfe für einige Tage ab und dann reden wir miteinander", erklärte Wolff und stellte eine Woche vor dem Großen Preis von Mexiko fest: "Ich war noch nie in der komfortablen Situation, dass ich mich zurücklehnen und das Rennen als Fan genießen konnte."

Er freue sich darauf, "wie unsere beiden Fahrer gegeneinander kämpfen, wenn es nichts mehr zu verlieren gibt". Ob das für Rosberg, der später wie das gesamte Team um Weltmeister und Musik-Freak Hamilton in "Pete's Dueling Piano Bar" den Sonntagabend verbrachte, auch uneingeschränkt gilt, ist nach dem denkwürdigen Schmoll-Auftritt von Austin zumindest fraglich.

GROSSBRITANNIEN:

The Times: "Lewis Hamilton hat vergangene Nacht mit seinem dritten Formel-1-Titel britische Auto-Renngeschichte geschrieben. (...) Es war ein langer Weg für den Fahrer, der als Zehnjähriger angekündigt hat, er wolle Formel-1-Weltmeister werden, und dessen Vater Anthony einst drei Jobs hatte, um seine Karriere zu finanzieren."

Guardian: "Dieser Erfolg ist die Geschichte einer schlichten Vorherrschaft. Hamilton übernahm die Führung nach dem ersten Rennen in Australien und hielt sie über die ganze Saison. In der technisch komplizierten Formel-1-Welt kann sein Triumph ganz einfach erklärt werden: er war schneller als sein größter Rivale, sein Mercedes-Teamkollege, Nico Rosberg."

Daily Mail: "Draußen vor den Fans ignorierte Rosberg Hamiltons Handschlag und ließ dann die Champagnerkorken nicht knallen. Nachdem er vergangene Saison ein knappes Titelrennen verloren hatte, war die Niederlage dieses Jahr eindeutig zu viel für ihn."

Sun: "Hamilton Hattrick"

Independent: "Dies war Hamiltons Moment. Sein Tag. Sein Jahr."

ITALIEN:

Gazzetta dello Sport: "König Hamilton, ein Triple wie Senna. Rosberg patzt und schenkt den Grand Prix und den WM-Titel seinem Teamkollegen. Hamilton auf dem Dach der Welt. Zehn Siege und elf Pole Positionen in 16 Rennen machen jeden Kommentar überflüssig. Aber was für eine Aufholjagd von Vettel: Vom 13. auf den 3. Platz! Ein Kanonenstart auf nasser Fahrbahn, eine verrückte Aufholjagd und dann der Kampf mit dem Messer zwischen den Zähnen gegen Red Bull. Es war ein weiteres Herzschlag-Rennen von Sebastian Vettel und Ferrari."

Tuttosport: "WM-Gesang für Hamilton. Lewis gewinnt und sichert sich seinen dritten Titel. Aber was für Fehler von Rosberg. Lewis Hamilton reicht ein Schuss. Er trifft präzise und ohne zu Zögern... Rosberg war dabei nie auf der Höhe von Hamilton, und auch wenn er die Entschuldigung vorbringen kann, vom Pech verfolgt gewesen zu sein, ist es offensichtlich, dass er es nie geschafft hätte, seinem Teamkollegen Sorgen zu bereiten. Vettel hat ein perfektes Rennen gezeigt und es aufs Podium geschafft."

Corriere dello Sport: "Dritter WM-Titel für Hamilton, wie sein Idol Senna. Und den Titel sichert ihm ausgerechnet Rosberg. Man müsste diesen Grand Prix der USA als Modell nehmen und daraus ein Abbild machen: So sollte die Formel 1 sein, immer. Tausend Überholmanöver, Spannung von der ersten bis zur letzten Runde."

La Stampa: "König Lewis III., Triumphe und Tränen. Hamilton gehört nun zu den Großen der Formel 1."

SPANIEN:

Sport: "Wie das bei ihm üblich ist, hat Hamilton erneut dank seines Ehrgeizes, seines Mutes und seiner Entschlossenheit gewonnen. Es gibt keine Diskussionen: Lewis war diese Saison der beste Fahrer, der erneute Titelgewinn ist mehr als verdient."

Mundo Deportivo: "Das beste Rennen in vielen Jahren endete mit einem Geschenk von Rosberg an seinen Stallkollegen, das den WM-Titel bedeutete."

El Pais: "Hamilton konzentriert sich mehr denn je auf seine Arbeit, das wurde diese Saison klar, die er vom ersten Tag an nach Belieben beherrscht hat. Stallkollege Rosberg war für ihn niemals ein Hindernis."

AS: "Er hat's wieder gemacht. Lewis Hamilton gehört bereits zu den Besten in der Geschichte der Formel 1. Das schwarze Genie ist der König in diesem verrückten Sport."

La Vanguardia: "Hamilton erweitert sein Reich. Der Engländer von Mercedes tritt mit seinem 10. Saisonsieg und einem weiteren Geschenk von Rosberg dem Club der dreifachen Weltmeister bei."

Marca: "Er ist bereits wie Senna."

El Mundo: "Ein Reich ohne Rivalen. Mit einem Sieg in Austin macht Hamilton seinen dritten WM-Titel perfekt. Diese Saison war er so dominierend wie nie zuvor."

FRANKREICH:

L'Equipe: "Ein verrücktes Rennen. Ein Rennen eines großen Champions. Ein würdiges Rennen zur Krönung Lewis Hamiltons, der all sein Talent einsetzen musste. Aber ein Rennen, das letztlich perfekt die Saison des englischen Piloten widerspiegelt: permanente Entspannung, souveräne Vorherrschaft und perfekte Beherrschung seines Teamkollegen und Titelrivalen, Nico Rosberg."

DEUTSCHLAND:

Frankfurter Allgemeine: "Der größte Moment in meinem Leben" - Lewis Hamilton wird in Austin zum dritten Mal Weltmeister - auf seine eigene, kompromisslose Art. Teamkollege Nico Rosberg verliert durch einen Fehler den Sieg und macht Hamilton Vorwürfe."

Süddeutsche Zeitung: "Rosberg pfeffert Hamilton die Mütze hin - Lewis Hamilton steigen nach seinem WM-Triumph Tränen in die Augen, Teamkollege Nico Rosberg ist sauer auf ihn. Und Sebastian Vettel plagt die Sehnsucht nach dem großen Erfolg."

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