Rapid vs. Austria: Ein Duell auf Augenhöhe

APA1551185 - 22112009 - WIEN - OESTERREICH: Steffen Hofmann (L, Rapid) gegen Manuel Ortlechner (Austria), waehrend der tipp3-Bundesliga-Begegnung zwischen SK Rapid Wien und FK Austria Wien am Sonntag, 22. November 2009, in Wien. APA-FOTO: HERBERT NEUBAUER
Im 306. Wiener Derby werden die Karten neu gemischt.

Fußball-Freunde dürfen sich auf ein interessantes Derby im ausverkauften Hanappi-Stadion (16.30 Uhr/live Sky, ORFeins) freuen. Hier eine wiedererstarktes Rapid-Team mit jungen Eigengewächsen, die zu blühen beginnen. Dort die Austria, die diese Saison noch nicht so in Tritt gekommen ist und auf der Suche nach der meisterlichen Form ist. Was die Erzrivalen verbindet? Beide haben diese Woche den Aufstieg in der Europacup-Qualifikation geschafft. Rapid in der Europa League gegen Asteras Tripolis, die Austria in der Champions League gegen Hafnarfjördur aus Island.

Rapid-Coach Zoran Barisic achtete bei den letzten Trainingseinheiten genau darauf, wer müde wirkt. Zur Not könnten Dibon und Sabitzer wieder eingesetzt werden. Fünf Spieler fehlen verletzt oder gesperrt. Sportdirektor Helmut Schulte gibt das Motto vor: „Realistischer Optimismus.“ Austria-Trainer Nenad Bjelica wird sein Team personell verändern: Rubin Okotie wird Philipp Hosiner als Spitze ersetzen: „Ab und zu kann man einem Spieler helfen, wenn man ihn auf die Bank setzt.“

Im KURIER-Interview geben die beiden Kapitäne Steffen Hofmann (Rapid) und Manuel Ortlechner (Austria) die Marschrichtung vor.

Manuel Ortlechner hat mittlerweile 14 Derbys in den Beinen. Mit Markus Suttner (16 Derbys) hat nur einer seiner Kollegen öfter gegen Rapid gespielt als der 33-jährige Austria-Kapitän.

KURIER: Kommt das Derby in dieser Situation zur richtigen oder falschen Zeit?
Manuel Ortlechner:
Ein Derby kommt immer zur richtigen Zeit. Gegen Ried haben wir gut gespielt, dann in Island schlecht. Warum sollen wir ein paar Tage später nicht wieder eine gute Leistung abliefern?

Weil die Austria noch nicht auf Hochtouren fährt?
Wir haben die Spiele analysiert und arbeiten hart weiter. Wir haben in der vergangenen Saison den Level selbst in die Höhe geschraubt und bewiesen, dass wir zu sehr guten Leistungen in der Lage sind. Wirt haben sicher nicht über Niveau gespielt, denn man kann nur das Niveau erreichen, wozu man in der Lage ist. Unser Ziel muss sein, diesen Level so oft wie möglich zu erreichen und so lange wie möglich zu halten. Das ist in dieser Saison unsere Herausforderung.

Rapid hat noch am Donnerstag bei großer Hitze Europacup gespielt. Ist ein Tag mehr Pause ein Vorteil für die Austria?
Ich glaube nicht, weil wir sehr spät aus Island zurück gekommen sind und kaum geschlafen haben. Das war ebenfalls anstrengend. Somit relativiert sich jeglicher Vorteil vor diesem Derby.

Ist Rapid besser als in der vergangenen Saison?
Es war auch letzte Saison nie leicht. Ich denke nur an das erste Derby im Frühjahr, wo Rapid die bessere Mannschaft war und wir dennoch gewonnen haben. Rapid hat eine gute Truppe, wir haben Respekt. Rapid kann immer jeder Mannschaft weh tun, ganz egal ob sie eine Krise oder einen Höhenflug haben. Es wird interessant.

Die Austria hat aber den besseren Kader, daran gibt es nichts zu rütteln.
Ich habe viel Vertrauen in die eigene Mannschaft. Wir müssen die Qualität aber erst auf dem Feld umsetzen. Nur dann können wir als Sieger Hütteldorf verlassen.

Ist Rapid für Euch mit den vielen jungen Spielern etwas unbekannt?
Ich beschäftige mich nicht so sehr mit Rapid. Wir sind alle gut beraten, wenn wir auf uns selbst schauen. Es ist mir egal, ob die Fans Rapid unterstützen oder nicht.

Gibt es einen Favoriten?
Das entscheiden doch die Menschen rundherum, weniger die Protagonisten. Für mich persönlich gibt es keinen Favoriten. Wir sind nur aus Favoriten.

Warum war der Start in die neue Saison holprig?
Es kann immer besser sein. Wir sind in allen Bewerben auf Kurs. Hätten wir gegen Ried gewonnen, hätten wir genauso viele Punkte wie letzte Saison. Aber wir brauchen uns nichts vormachen, es gibt noch viel Luft nach oben für uns.

Was gilt es zu verbessern?
Jeder weiß, dass das Ganze sehr komplex ist. Es entscheiden oft nur Kleinigkeiten. Vielleicht fehlen uns die positiven Erlebnisse, die uns Kraft geben. Das Schlimmste wäre, wenn wir an uns selbst zweifeln. Nur reden oder jammern bringt uns sicher nicht weiter.

In letzter Zeit hatte die Austria durchaus mit Rapid eine Hetz’. Gibt das nicht Kraft?
Das Buch der alten Saison ist geschlossen. Jetzt wird ein neues Kapitel aufgeschlagen.

Steffen Hofmann grinst beim KURIER-Interview wie ein kleiner Bub. Obwohl sich der 32-Jährige selbst als „Opa im Kader“ bezeichnet, fühlt er sich im Kreis der vielen Talente wohl und blüht vor dem 306. Derby wieder auf.

KURIER: Gibt es noch Fragen, auf die Sie bei 35 Derby-Einsätzen vergeblich warten mussten?
Steffen Hofmann:
Nein, zum Thema Derby hab’ ich wirklich schon alles durch.

Dann probiere ich es direkt: Ist die Austria nach neun Derbys ohne Rapid-Sieg fällig?
Es ist Zeit für einen Sieg. Wenn wir einen guten Tag erwischen, gewinnen wir. Ich freu’ mich schon richtig auf das volle Hanappi-Stadion.

Sonst freuen Sie sich nicht?
Schon. Aber die Vorfreude ist noch größer als sonst. Wir haben momentan so viel Spaß – und auch die Zuschauer wieder mehr mit uns.

Was hat sich unabhängig von Systemen und Aufstellungen nach der Ära Schöttel geändert?
Wir spielen mutiger, mit mehr Ideen. Früher waren wir zu verhalten und ängstlich. Jetzt geht es jeden Tag darum, Fußball zu spielen. Das kommt uns entgegen. Der Trainer ist der absolut Richtige für uns im Moment.

Trainer Barisic war bei seinem Amtsantritt mit den körperlichen Werten des Kaders unzufrieden. Was wurde geändert?
Wir haben in der Vorbereitung extrem hart gearbeitet und wussten, dass das nötig ist. Wir tun das auch jetzt noch, obwohl wir schon auf einem hohen Niveau sind.

Vor einem Jahr war Rapid Erster und im Europacup erfolgreich. Könnte nicht wieder so ein Einbruch kommen?
Wir haben unsere Lehren gezogen. Wichtig ist, dass das Trainerteam diesen Glauben und Willen vorlebt, der uns zu einer echt guten Gruppe werden ließ. Natürlich werden wir mit den Jungen auch noch eine auf den Deckel bekommen. Aber wir werden wieder aufstehen, weil der Weg zu 100 Prozent stimmt.

Ist Ihnen leid um jene Talente, die vor einigen Jahren noch keine Chance bekommen haben?
Man könnte sagen, früher waren sie nicht so gut ausgebildet. Oder, dass dieser Weg aus der Not geboren wurde. Aber wir hätten ihn trotzdem schon viel länger gehen sollen. Jeder, der gut ist, bekommt auch eine Chance. Wenn ein Junger Rapid jetzt zusieht, muss er doch sofort sagen: Da will ich auch hin.

In Ihren elf Jahren bei Rapid ist die Anzahl der Deutschen gestiegen. Wie beurteilen Sie die Arbeit von Landsmann Schulte?
Er ist nah an der Mannschaft dran und tut dem Verein gut. Gerade wenn das Geld knapp ist, ist ein erfahrener Sportdirektor mit viel Wissen besonders wichtig. Und wenn er auch noch einen Spieler wie Petsos drei Jahre binden kann, sollten ohnehin alle Zweifel beseitigt sein.

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