Rapid-Fans: Was wollen sie, was dürfen sie?

13.04.2013 Fussball Bundesliga , Wien , Hanappi Stadion Rapid - Wiener Neustadt Fanprotestmarsch gegen den Vorstand vor dem Bundesligaspiel Rapid Wiener Neustadt. Copyright Agentur DIENER / Philipp Schalber Marktgasse 3-7/4/5/21 A-1090 Wien Telefax +43 1 955 32 35 Mobil +43 676 629 98 51 BA-CA Bank Nr. 12000 Account Nr. 00712 223 783 e-mail: agentur@diener.at Datenbank: www.diener.at
Vor dem Derby gibt Mitgliederreferent und Experte Stefan Singer Auskunft.

Hütteldorf gleicht vor dem Derby einer Baustelle. Während bei der Austria bei allem Ärger über Fans Freude über die sportlichen Erfolge herrscht, regiert bei Rapid der Ärger. Dass der „Ultras“-Chef nach den Randalen vor dem letzten Derby in Favoriten von der Austria ein Hausverbot bekommt, sorgt für zusätzliche Unruhe. Die wichtigste Schnittstelle zwischen Verein und den aufgebrachten Fans ist Mitgliederreferent Stefan Singer. Der 48-jährige Immobilien-Unternehmer aus Floridsdorf im Interview.

KURIER: Dürfen Rapid-Fans mehr als andere?
Stefan Singer:
Die Fans dürfen bei Rapid sehr viel. Erstens, weil für Präsident Edlinger in seiner demokratischen Einstellung die freie Meinungsäußerung das höchste Gut ist – das geht hin bis zu untergriffigen Transparenten. Zweitens, weil sich Rapid als Mitgliederverein definiert. Deshalb werden die Fans stärker wahrgenommen und nehmen auch mehr Einfluss aufs Vereinsgeschehen als anderswo.

Derzeit fordern die organisierten Fans besonders viel.
Der Slogan war: Wir sind ein Mitgliederverein – jetzt fordern diese auch Transparenz ein. Rapid ist in einer Phase der Fehlentwicklungen. Es muss legitim sein, nachzufragen bei diesen vielen Baustellen – sportlich, Struktur, nächster Präsident, Stadion, Finanzen.

Wer T-Shirts mit „Wir sind Rapid und wer seid ihr?“ verkauft, ist demnach selbst schuld, wenn dieser Slogan dann zu ernst genommen wird?
Das hat eine Eigendynamik bekommen, diese Fanartikel wurden eingestellt. Jeder sollte das Gefühl bekommen: Wir sind Rapid. Auch wenn nicht bei jeder Entscheidung die Mitglieder befragt werden können. Da könnte Rapid gleich zusperren. Es ist wie in einer Familie, wo auch die Kinder kritische Fragen stellen. Die Zuwendung zum Verein kann keine Einbahnstraße sein.

Rapid-Fans: Was wollen sie, was dürfen sie?
APA12298594 - 13042013 - WIEN - ÖSTERREICH: Rapid-Fans am Samstag, 13. April 2013, während eines Protestmarsches vom Bahnhof Hütteldorf zum Hanappi-Stadion in Wien anl. der Tipp3-Bundesliga-Begegnung zwischen SK Rapid Wien und SC Wiener Neustadt. APA-FOTO: HERBERT NEUBAUER
Die Grenzen der Kritik haben sich aber scheinbar verschoben.
Das tun sie in der gesamten Gesellschaft hin zu mehr Respektlosigkeit. Das hängt auch mit dem Internet zusammen. Im Stadion wurde immer geschimpft. Jetzt entsteht durch Kritik im Netz eine Eigendynamik, die’s möglich macht, 3000 Fans für den Protestmarsch zu organisieren. Früher wäre das nie möglich gewesen.

Ist das Transparent „Alle schuldig – alle raus“ ernst gemeint?
Das ist eine plakative, durchaus übertriebene Botschaft, die Aufmerksamkeit erregt. Aber allen ist klar, dass das in letzter Konsequenz nicht umsetzbar ist. Das funktioniert wie bei Werbeslogans oder Boulevard-Medien.

Kann die Fan-Szene durch den Rauswurf von Trainer Schöttel beruhigt werden, wenn die für grundsätzliche Probleme Verantwortlichen bleiben?
Ein Trainerwechsel löst die Probleme wohl nur marginal, man kann eben nicht den Kader austauschen. Die anderen Probleme sind offensichtlich und nur zu lösen, wenn die Strukturen auf neue Beine gestellt werden. Der Vorsprung der Austria ist auch durch die modernere Struktur begründet. Das wichtigste Thema für den künftigen Präsidenten muss ein Stadion-Neubau sein.

Rapid-Fans: Was wollen sie, was dürfen sie?
13.04.2013 Fussball Bundesliga , Wien , Hanappi Stadion Rapid - Wiener Neustadt Leere Fantribuene. Copyright Agentur DIENER / Philipp Schalber Marktgasse 3-7/4/5/21 A-1090 Wien Telefax +43 1 955 32 35 Mobil +43 676 629 98 51 BA-CA Bank Nr. 12000 Account Nr. 00712 223 783 e-mail: agentur@diener.at Datenbank: www.diener.at
Warum?
Das Hanappi-Stadion ist bald abbruchreif und kaum noch zu renovieren. Nur mit einem Neubau kann der Verein nach vorne gebracht werden. Das beste Beispiel ist Basel: Die haben durch die EURO 2008 ein neues Stadion bekommen und Rapid seither unglaublich weit abgehängt.

Hat sich die Fan-Problematik verschärft?
Die Situation ist seit 35 Jahren ähnlich. Es muss sich keiner fürchten. Ein Promille an Gewaltbereiten wirkt sich aber bei einer Verdreifachung der Zuschauer aus. Es ist wichtig, dass Medien berichten. Vieles vom Fan-Thema wird aber überbewertet.

Wenn Fans den Verein durch den Platzsturm oder die Ausschreitungen in Thessaloniki massiv schädigen und dennoch in der Szene Solidarität fordern – dürfen sie dann noch Forderungen an den Verein stellen?
Es gibt einen überbordenden Fanatismus. Und in der Szene kann es aus der Emotion heraus einen missverstandenen Korpsgeist geben. Bei allem Schaden sollte aber der jahrelange positive Imagetransfer durch Fans nicht vergessen werden. Am Ende hält das Interesse aller Fans das System am Laufen.

Kommentare