"Die Mannschaft weiß gar nicht, wie gut sie ist"

Faktor Zeit: Rapids Trainer Barisic war schon 2014 vom aktuellen Erfolgslauf überzeugt.
Die aktuelle Stärke wurde von Coach Barisic 2014 angekündigt.

Es ist im Dezember 2014, nach 18 der 36 Bundesliga-Runden. Rapid steht gar nicht gut da, aus den vergangenen fünf Spielen gab es nur vier Punkte. Tabellenplatz fünf – nur zwei Zähler vor Grödig – verleitet einige Fans dazu, die Ablöse des sogenannten "Trainerlehrlings Zoran Barisic" zu fordern.

Zum Abschluss der Herbstsaison steht noch die Partie in Salzburg beim überlegenen Tabellenführer an. Da einige Rapidler verletzt oder krank sind, kündigt Barisic an, dass sogar Amateurspieler Ferdinand Weinwurm als Verteidiger gegen den damaligen Salzburg-Star Kevin Kampl aufgeboten werden könnte. Doch der Wiener jammert nicht, betont die gute Trainingsarbeit und verströmt einen schwer greifbaren Optimismus. Abschließend meint er noch: "Die Mannschaft weiß gar nicht, wie gut sie ist."

Barisic, ein hoffnungsloser Optimist? Ein idealistischer Talenteförderer, der von den hohen Ansprüchen in Hütteldorf überrollt wird?

Auf jeden Fall ein Satz für das geistige Archiv.

Acht Monate Abstand

Zeitsprung – es ist der 4. August, Rapid hat soeben Ajax aus der Champions-League-Quali geworfen. Dem 3:2-Triumph waren eine Rückrunde als punktestärkstes Team (mit dem 2:1 in Salzburg als Auftakt) und der perfekte Start in die neue Bundesliga-Saison vorangegangen.

In Amsterdam verkündet es Barisic via ORF. Laut und deutlich: "Die Mannschaft weiß gar nicht, wie gut sie ist."

In den knapp acht Monaten ist viel passiert. Und der Satz von Barisic lässt sich viel besser einordnen. Heute wartet im Prater (19 Uhr) gegen den WAC das Duell der Europacup-Fighter. Barisic wird auch in Hinblick auf das Derby am Mittwoch ausgiebig rotieren. Er ist überzeugt davon, dass die Leistung trotzdem stimmen wird.

Das Trainerteam – und in Hütteldorf ist es tatsächlich ein Team – hat eine Mannschaft aufgebaut, in der es vor Talent nur so funkt. Mit Sportdirektor Andreas Müller wurde an einem Kader gebastelt, der so ausgeglichen ist, dass der Konkurrenzkampf täglich aufs Neue angetrieben wird. Und der so viel Qualität hat, dass zumindest nationale Erfolge garantiert scheinen. In taktischen Details gibt es noch Luft nach oben, aber auch hier ist die Steigerung von Trainerteam und Spielern augenscheinlich.

Aufbauspieler

Ein entscheidender Schritt zur kontinuierlichen Verbesserung war das konsequente Aufbauen von Alternativen. Spieler wie Philipp Schobesberger (aus Pasching) oder Stefan Stangl (Wiener Neustadt) kamen als Kaderergänzung, wurden aber mit der festen Überzeugung ausgewählt, dass sie noch zu Verstärkungen werden würden.

Stangl pushte sich mit Thomas Schrammel im Training auf ein neues Level, bekam in der vergangenen Saison – obwohl die Stabilität noch fehlte – immer wieder Chancen und konnte so nach Schrammels Kreuzbandriss ohne Niveauabfall links hinten zur Stammkraft werden.

Ähnlich läuft es in der Innenverteidigung mit Christopher Dibon und Maxilimilian Hofmann. Oder im Tor mit Jan Novota und Richard Strebinger.

Limit

Schön langsam glauben die Spieler, dass sie wirklich so gut sind, wie es Barisic sagt. Die immer breiter werdende Brust fällt auf, ebenso wie die Ruhe in heiklen Phasen. Etwa in jenen zwei Minuten gegen Ajax zwischen dem 2:2-Ausgleich und dem 3:2 von Louis Schaub.

Zum möglichen Limit meint Andreas Müller: "Wenn die Mannschaft zusammen bleibt, wird sie noch viel besser werden."

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