Das Ende des Heimvorteils in der Bundesliga

Heimat, fremde Heimat: Sturms Stankovic (oben) und der WAC (Baldauf) punkten am liebsten auswärts.
Warum in Österreich auswärts so viele Punkte wie zuhause geholt werden.

Nach den spektakulären Auftritten des Nationalteams beginnt am Samstag wieder der Liga-Alltag. Die gebotene Qualität mag überschaubar sein, außergewöhnlich ist die Bundesliga allemal.

Nachdem in der vergangenen Saison der internationale Torrekord mit 3,31 Treffern pro Partie aufgestellt wurde, kündigt sich das nächste statistische Highlight an: Das Ende des Heimvorteils. Üblicherweise werden vor den eigenen Fans rund 30 Prozent mehr Punkte erspielt als in der Fremde. Doch nach einem "normalen" Saisonstart ist seit einigen Monaten alles anders.

In den letzten neun Runden gab es nur einen einzigen Spieltag, an dem die fünf Gastgeber mehr Punkte holen konnten. Mit dem 3:2-Sieg der Austria bei Rapid zum Abschluss der 15. Runde kam es zum historischen Gleichstand: Den insgesamt 102 Punkten in der Heimtabelle stehen genauso 102 Punkte in der Auswärtstabelle gegenüber (siehe unten).

Das Ende des Heimvorteils in der Bundesliga
APA20115490_03092014 - WIEN - ÖSTERREICH: ÖFB-Sportdirektor Willi Ruttensteiner (L.) und Teamchef Marcel Koller während des Trainings der österreichischen Fußball-Nationalmannschaft am Mittwoch, 3. September 2014, in Wien. Das ÖFB-Team wird am kommenden Montag ein EM-Qualifikationsspiel gegen Schweden bestreiten. FOTO: APA/ROBERT JAEGER
Das macht 1,36 Punkte pro Partie für die Gastgeber und auch ihre Gäste im Schnitt. Zum Vergleich: In der Saison 2013/’14 stand es noch 1,54 (Heim-Punkte) zu 1,19 (auswärts). Woher kommt diese österreichische Gastfreundschaft? ÖFB-Sportdirektor und Taktik-Experte Willi Ruttensteiner nennt im KURIER-Gespräch drei Gründe für den Trend:

Schnelles Umschalten

"In den WM-Analysen wurde ein entscheidender Erfolgsfaktor gefunden: Es ist das schnelle Umschalten. Wer nach einem Ballgewinn präzise in die Tiefe spielt, während beim Gegner noch Unordnung herrscht, ist erfolgreich. Diese Spielweise kommt Auswärtsteams entgegen, weil ja meistens der Gastgeber das Spiel machen will", erklärt Ruttensteiner.

Überraschend schnell wird dieser Trend in Österreich umgesetzt. Tatsächlich sind die am stärksten auf schnelle Konter ausgerichteten Teams – Sturm und der WAC – auswärts wesentlich erfolgreicher als zuhause.

Qualitätsverlust

"Früher war es üblich, dass Top-Teams wie Rapid und die Austria zuhause dominieren, weil sie deutlich mehr Qualität hatten als die meisten Gegner. Jetzt ist qualitätsmäßig bis auf Salzburg alles knapper zusammen gerückt. Das erhöht die Chancen der sogenannten Kleinen, auch auswärts zu punkten", sagt Ruttensteiner. Während in der vergangenen Saison nur Sturm und Grödig zuhause weniger punkteten, tut sich derzeit die halbe Liga auswärts leichter.

Umzug

Das Ende des Heimvorteils in der Bundesliga
Zum ersten Mal seit Ewigkeiten hat Rapid auswärts eine bessere Bilanz als zuhause. Für Ruttensteiner liegt das ganz klar am Umzug von Hütteldorf in den Prater: "Ich habe es als Gast im Hanappi-Stadion selbst gespürt, welcher Druck da von den Tribünen kommt. Das ist im Happel-Stadion verloren gegangen. So eine Stimmung ist dort nur möglich, wenn es wie zuletzt beim Nationalteam ganz voll ist."

Dass der Heimvorteil Kopfsache sein kann, wird in Grödig geglaubt. Da mit dem Aufstieg im Sommer 2013 die Heimstärke verloren ging, hat der neue Mentaltrainer Markus Leitner den Umzug angeordnet: Den Rapidlern wird am Samstag die bisherige Heim-Kabine überlassen. Nicht nur für die Grödiger ist auswärts das neue Zuhause.

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