Nach Halbfinal-Aus: Was passiert mit dem FC Bayern?

Mit einem 3:2-Sieg, der kein Erfolg war, verabschiedeten sich die Bayern aus der Champions League
"Nur" ein Titel 2015, das wirft Fragen auf. Ein Umbruch steht bevor. Ob mit oder ohne Guardiola.

Jetzt erst recht! Angriffslustig, fast euphorisch rief Pep Guardiola nach dem Aus im Halbfinale der Champions League trotz 3:2-Sieges gegen Barcelona sein "Projekt" 2016 aus. "Wir werden es wieder versuchen", versicherte der Bayern-Trainer. Das dritte und – Stand jetzt – letzte Vertragsjahr soll den Starcoach zum ersehnten Ziel bringen. "Jetzt will ich die Meisterschaft feiern, dann Urlaub machen, dann die neue Saison vorbereiten. Ich hoffe, dann können wir besser spielen", erklärte Guardiola. Und 2016 die Champions League gewinnen.

Statt mit zwei Berliner Endspielen in Cup und Champions League die Saison glorreich zu beenden, trudelt die Saison der Bayern mit dem bedeutungslosen Liga-Alltag in Freiburg und gegen Mainz aus. Analyse und Neuausrichtung des Kaders werden die Münchner länger und intensiver beschäftigen.

Zukunftsfrage

Die Bayern-Bosse stehen vor unangenehmen Zukunftsfragen. Über 150 Millionen Euro wie Barcelona vor einem Jahr für Suárez und Neymar werden sie auch bei diesjährigen Champions-League-Einnahmen von über 60 Millionen kaum in die Hand nehmen. Der schon jetzt üppige und kostspielige Kader kann ohne Abgänge nicht einfach so aufgemotzt werden. Mit verdienten Stars wie Bastian Schweinsteiger (30) soll feinfühlig umgegangen werden. Und ein aufgepeppter Kader nach den Vorstellungen des stets sehr fordernden Trainers macht eigentlich nur bei einer vorzeitigen Vertragsverlängerung Sinn.

Schon wie im Vorjahr die Real-Stars wie Ronaldo, Benzema und Ramos unterstrichen diesmal Messi, Neymar und Suárez, dass es auf allerhöchstem Niveau immer noch mehr auf die individuelle Klasse der Einzelspieler als auf die Trainer-Strategen ankommt. Ausfälle wie die von Robben, Ribéry und Alaba sind nicht aufzufangen.

Bis 2016 läuft der Kontrakt von Guardiola. Nach dieser Saison wollen die Bayern-Chefs ausloten, ob der Trainer ebenso an einer Verlängerung interessiert ist wie sie selbst. "Das ist seine Entscheidung", betonte Schweinsteiger, der sich beim Blick auf den nahenden Umbruch zurückhaltend gab: "Das ist eine Frage, die man dem Vorstand stellen muss."

Altersfrage

Dass der Weltmeister noch einmal an eine Weltklasse-Vorstellung wie im WM-Finale 2014 herankommt, ist schwer vorstellbar. Auch Fitness und Tempo beim 33-jährigen Xabi Alonso lassen zweifeln. Ein großes Rätsel gibt 37-Millionen-Mann Mario Götze auf, der wieder nur eine leicht zu opfernde Bauernfigur auf dem Schachbrett Guardiolas war. "Er ist ein talentierter Spieler, auch ich saß früher als junger Spieler öfter auf der Bank", erklärte Schweinsteiger.

Gegen den Tenor, eine verpatzte Saison gespielt zu haben, wehrten sich die Bayern-Stars jedoch vehement. "Wir haben eine tolle Saison gespielt, und die lassen wir uns nicht kaputtreden", erklärte Jérôme Boateng. "Es kann nicht sein, dass jede Saison ohne Triple keine gute Saison ist", betonte Thomas Müller. Und Guardiola war ob des 3:2-Sieges sogar stolz: "Eine große Mannschaft muss so fallen wie heute. Ein überragendes Kompliment an diese Spieler. Für solche Tage bin ich Trainer."

Trainer Pep Guardiola (Bayern München): „Ich habe mich bei der Mannschaft für das ganze Jahr bedankt. Wir hatten mit sehr vielen Schwierigkeiten zu kämpfen. Ich bin als Trainer sehr glücklich, wie sich die Mannschaft verhalten hat. Es war kein Sieg für das Finale, aber vielleicht ein Sieg gegen die Kritiker und für die Ehre. Wir sind stehend aus dem Stadion gegangen. Darauf können wir stolz sein. Wir haben die Sache in Barcelona verloren. (...) Das war ein sehr hartes Jahr. Das ist ein Jahr der Wahrheit gewesen, ein sehr viel härteres Jahr als das letzte. Wir hatten viele Probleme. Trotz der Probleme haben wir es gut gemacht und bis zum Ende durchgehalten. Ich bin Trainer für solche Spiele und für solche Tage. Wir werden es im nächsten Jahr noch einmal angehen. Ich bin sehr glücklich: Ich freue mich, dass ich Bayern-Trainer bin und diese Spieler trainieren darf.“

Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge (Bayern München): „Die Mannschaft hat es gut gemacht und großartig gekämpft. Nach 180 Minuten steht Barcelona zu Recht im Finale. Die Mannschaft geht erhobenen Hauptes vom Platz. Wir können zufrieden sein. Wir haben es gegen die vielleicht beste Mannschaft der Welt nicht geschafft, ins Finale einzuziehen.“

Sportvorstand Matthias Sammer (Bayern München): „Wir haben 3:2 gewonnen, das ist okay. Aber wir sind ausgeschieden, das ist ärgerlich. Die Mannschaft hat Charakter gezeigt. Wir konnten die Rückschläge nicht so wegstecken. Dass die Mannschaft noch zu allem in der Lage ist, hat sie heute gezeigt. Wir entschuldigen uns nicht dafür, dass wir Meister geworden sind und zweimal im Halbfinale waren.“

Kapitän Philipp Lahm (Bayern München): „Wir haben alle an das Wunder geglaubt. Leider hat es nicht geklappt, weil wir recht früh den Ausgleich kassiert haben. Wir haben es nicht heute verloren, sondern im Hinspiel. Das ist kein Wunschkonzert. Barcelona ist einfach eine überragende Mannschaft. Wir haben alles reingelegt und den Willen gezeigt. Hier wäre was möglich gewesen, allein wenn man sieht, wie viele Chancen wir hatten. Wir sind gegen eine Mannschaft ausgeschieden, die alle Mann zur Verfügung hatte. Wenn man einen Titel holt, ist es eine gute Saison. Schade, dass sie jetzt mit zwei verlorenen Halbfinals so endet, aber man muss die Bundesliga erstmal so dominieren, wie wir es in den letzten Jahren gemacht haben.“
Torhüter Manuel Neuer (Bayern München): „Wir haben zu viele Tore zugelassen. Da kannst du nicht ins Finale einziehen. Wir sind bei den beiden Gegentoren mit 1:2 in Unterzahl. Da haben die leichtes Spiel.“

Thomas Müller (Bayern München): „Es ist schön, dass wir mithalten konnten, aber dafür können wir uns nichts kaufen. Für mich geht es um das große Ganze. Die Unterstützung war selten so groß. Da kriegt man eine Gänsehaut.“

Trainer Luis Enrique (FC Barcelona): „Das Ergebnis stört mich nicht. Die Bayern haben eine starke Mannschaft. Wir haben noch zwei Endspiele. Es gibt noch einiges zu tun.“

Torhüter Marc-André ter Stegen (FC Barcelona): „Wir haben uns geärgert, dass wir hier verloren haben. Wir hätten das nicht aus der Hand geben müssen. Aber wir können zufrieden sein, wir kommen ins Finale. Ich bin nach Barcelona gegangen, um größtmöglichen Erfolg zu haben. Jetzt haben wir die Möglichkeit dazu. Jetzt wollen wir es vollenden.“

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