US-Psychiater kritisiert Gross-Gutachter hart

26. 3. 2000: Stastny: "Grobe Schwächen, zu oberflächlich"

Der New Yorker Gerichtspsychiater Peter Stastny übt heftige Kritik am Verlauf des Prozesses gegen den 84-jährigen ehemaligen NS-Arzt Heinrich Gross. Ihm sei "unerklärlich", sagt Stastny im "profil", warum das Gericht das Gutachten des Psychiaters Reinhard Haller "als schlüssig akzeptiert" habe. Das Gutachten weise grobe Schwächen auf. Von vornherein wären weitere Gutachten notwendig gewesen.

Stastny, der in Wien eine Gastprofessur innehat, sagte, in den USA würde die Verhandlungsfähigkeit eines Angeklagten im Laufe eines Spitalsaufenthalts geklärt, bei dem der Patient "interdisziplinär begutachtet" würde. Stastny kritisiert, aus dem Haller-Gutachten "würden Schlüsse gezogen , die daraus nicht ableitbar sind". So sei einer der psychologischen Tests zu oberflächlich für spezifische Aussagen. Der zweite über zerebrale Insuffizienz sei "überhaupt nicht mehr gängig".

 

 

Stastny, der bei der Prozesseröffnung im Wiener Landesgericht anwesend war, beschreibt die Tatsache, dass auf die Schwerhörigkeit von Gross während des Gutachtervortrags keine Rücksicht genommen worden sei, als "in den USA unvorstellbar".

Wie berichtet, ist der Mordprozess gegen Gross, ehemals Arzt an der Euthanasieklinik "Am Spiegelgrund", geplatzt. Richter Karlheinz Seewald berief sich dabei auf Hallers Gutachten, es attestiere Gross infolge "fortschreitenden Hirnabbaus" Verhandlungsunfähigkeit. Psychiater Haller wiederum legt Wert darauf, dass nicht er Gross als "verhandlungsunfähig" bezeichnet habe. Das sei Entscheidung des Gerichts gewesen.

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