Bildungs-Kürzungen lassen SP-Klub und Länder murren

Die Einsparungen im Unterrichtsressort werden für die SPÖ zu einem veritablen internen Problem.

Jetzt hat sie es schon wieder getan. Nachdem SPÖ-Parlamentarierin Daniela Holzinger bereits in Sachen Hypo-U-Ausschuss für überregionale Aufmerksamkeit gesorgt hatte (entgegen der Klublinie setzte sie sich für einen Untersuchungsausschuss ein), stellte sich die junge Oberösterreicherin nun erneut gegen die Bundespartei. "Bei der Bildung zu sparen, das grenzt für mich an staatlichen Zukunftsraub", sagte Holzinger im ORF-Radio zu den geplanten Kürzungen (siehe rechts) im Ressort ihrer Genossin Gabriele Heinisch-Hosek. Und weiter: Es zeuge nicht von sonderlichem "Rückgrat", wenn man es als SPÖ zwar hinnehme, dass bei der Grunderwerbssteuer weiter nichts geändert werde und man stattdessen im Bildungsbereich einspare.

Die SPÖ eine rückgratlose Bewegung? Die Bundesparteispitze könnte die junge Mandatarin ignorieren – was wiegt schon die Stimme einer Einzigen von 52?

Das Problem ist nur: Holzinger ist beileibe nicht allein und spätestens am Donnerstag musste der Parteiführung klar sein: Sie hat ein Problem. Denn abgesehen von der so gar nicht mundfaulen Oberösterreicherin gibt es eine Reihe an SPÖ-Parlamentariern, die offenkundig sehr ähnlich denken.

SPÖ-Bildungssprecherin Elisabeth Grossmann etwa will "nichts unversucht lassen, die Einsparungen noch abzuwenden"; Marianne Gusenbauer-Jäger (OÖ) hat bereits deponiert, dass sie die Sparmaßnahmen lieber zurücknehmen würde. Und auf KURIER-Nachfrage bestätigen gestern auch andere Abgeordnete, dass das Thema für sie bei weitem noch nicht erledigt ist.

Sparen bei den NMS

"Natürlich bin ich über die Kürzungen enttäuscht", sagt etwa Elmar Mayer, Grossmanns Vorgänger als Bildungssprecher. Der Vorarlberger will noch einmal intensiv diskutieren, warum nicht in ganz anderen Bereichen gespart wird. "Die NMS müssten nicht so stark ausgebaut werden. Immerhin hat sie zuletzt ja sogar der Rechnungshof kritisiert."

Gewerkschafter Josef Muchitsch hält zwar die Art und Weise, wie seine Klubkollegen die Debatte befeuern, für suboptimal ("Warum bespricht man das nicht direkt mit der Ministerin?"). In der Sache selbst aber glaubt der Bau-Holz-Gewerkschafter, dass noch "erheblicher Gesprächsbedarf" besteht. Wohl auch deshalb, weil sich gewichtige Landes-Organisationen ebenfalls klar gegen die Sparpläne positioniert haben: Die Landeshauptleute Hans Niessl, Michael Häupl und Peter Kaiser haben bereits ihren Unmut kundgetan. "Solange die Vorgaben des Finanzministers darauf hinauslaufen, dass der Sparstift im Klassenzimmer angesetzt wird, gibt es von unserer Seite ein klares Nein", wiederholte Niessl gestern. Ein Anheben der Klassenschülerhöchstzahlen würde die Bildungslandschaft "um Jahre zurückwerfen".

Missstimmige Abgeordnete, pikierte Landeshauptleute und dazu eine Parlamentssondersitzung, bei der die Opposition am kommenden Donnerstag genüsslich über die in den Klassenzimmern sparende SPÖ herziehen kann? Es gibt bessere Voraussetzungen für eine gelungene Regierungspolitik.

Nicht zuletzt deshalb rückte gestern SPÖ-Klubchef Andreas Schieder aus, um die Wogen zu glätten. "Unser Bildungsbudget beträgt acht Milliarden Euro und wir sprechen jetzt von 60 Millionen Euro – also von einem ganz kleinen Teil", sagte Schieder.

Die Botschaft war klar: Wir reden von "Peanuts".

Man kann die Sache freilich auch anders sehen. Etwa wie Mandatar Mayer: "Mit einem symbolischen Sparbetrag droht unverhältnismäßig viel unserer Reputation zerstört zu werden."

Parteichef Werner Faymann wollte sich zur Bildungsdebatte nicht äußern. Der Kanzler, so hieß es, werde sich erst am Mittwoch zu Wort melden.

Die Summen

Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek muss in ihrem Ressort im laufenden Jahr 57 Millionen Euro und 2015 rund 60 Millionen Euro einsparen. Ein Drittel der Summe soll aus der Verwaltung kommen, der Rest durch größere Schülergruppen in einzelnen Fächern an AHS-Oberstufen und BMHS.

Weniger Zweitlehrer

In den NMS führt das Sparpaket zu weniger Zweitlehrern. Dazu kommen Kürzungen bei Wahlpflichtfächern an AHS-Oberstufen. Zusätzlich will der Bund 30 Millionen Euro im Jahr lukrieren, indem die Länder ihm mehr für Landeslehrer bezahlen, die sie über den Stellenplan hinaus anstellen.

Lange war die ÖVP in der Bredouille. Aufmüpfige Länder-Schwarze und das Hypo-Handling brachten Michael Spindelegger Tadel und schlechte Umfragewerte ein. Nun ist die SPÖ in der Ziehung. Ihre Unterrichtsministerin muss sparen. Sie schneidet just dort hinein, wo es besonders schmerzt – in Schulen: Mehr Kinder in einer Klasse, weniger Zweitlehrer in den NMS. Selbst Gesinnungsfreunde begehren auf: Landeschefs, Abgeordnete; die Parteijugend ruft gar zum Sitzstreik. Was tun rote Granden? Sie versuchen, die Malaise schönzureden. Angesichts des Acht-Milliarden-Budgets seien die 57 Millionen, die heuer zu lukrieren sind, Pipifax, argumentiert Klubchef Schieder sinngemäß. SPÖ-Frontmann Faymann sagt vorerst nichts dazu. Ein bekanntes Verhalten. Schon Heinisch-Hoseks Vorgängerin Schmied unterstützte er nicht – bei ihrem einstigen Vorhaben, Pädagogen mehr Arbeitszeit zu verordnen. Dabei betont er in jeder Sonntagsrede, dass "Investitionen in die Bildung die wichtigsten Investitionen in die Zukunft" seien. Immerhin hat die SPÖ das Kanzleramt 2006 nicht zuletzt mit ihrer Kritik an ÖVP-Ressortchefin Gehrer zurückerobert.

Bleibt die Kanzler-Partei bei ihrem Plan, sollte sie im nächsten Wahlkampf nicht mehr mit diesem Thema für sich werben. "Rote Bildungslüge" wird dann auf Sujets der Polit-Konkurrenten stehen.

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