TV-Sager im Fakten-Check

Bei der TV-Konfrontation zur Wien-Wahl 2015 warfen sich die Spitzenkandidaten von SPÖ und FPÖ Charakterlosigkeit vor.
Wird bei den Flüchtlingszahlen getrickst? Ist Reden vom Christkind ein Kündigungsgrund?

Wahlkampf sei die "Zeit fokussierter Unintelligenz. Da passieren halt gelegentlich Dinge, die nicht gescheit sind" – das hat Wiens SPÖ-Bürgermeister Michael Häupl einst befunden. Es wird auch manches gesagt, was nicht stimmt. Bewusst. Oder aus einer Emotion heraus. Der KURIER prüft Aussagen in der TV-Runde der Wiener Spitzenkandidaten auf ihren Wahrheitsgehalt.

"Ich lasse Kinder nicht im Dreck herumliegen. Und ich sage nicht wie Strache zu ihnen: Geht zurück nach Syrien und lasst euch vom IS erschießen." Heinz-Christian Strache zitiert, was Michael Häupl jüngst in einem Interview gesagt hat. Wahr oder falsch?

Der Blaue bestreitet, das je von sich gegeben zu haben – und attestiert dem Roten Charakterlosigkeit. Tatsache ist: Das ist in der Tat kein wörtliches Zitat Straches. Häupl wollte wohl mit dieser Zuspitzung illustrieren, worauf Straches Asylpläne hinausliefen.

"Herr Strache, sie behaupten zwar, dass dieses Bild gefälscht ist ... , aber das ist der Beweis ... Sagen’s ned zu mir, ich bin charakterlos." Häupl hält ein Taferl in die Kameras. Es zeigt das KURIER-Foto von Jürg Christandl, das FPÖ-Anhänger abbildet die gegen ankommende Flüchtlinge demonstrieren.

Auf dem Bild vom 3. Juni 2015 ist die Rückenansicht von zwei Erwachsenen und einem Kind zu sehen. Ebenfalls darauf: FPÖ-Demonstranten, die Schilder mit "Nein zum Asylantenheim" halten. Strache behauptete mehrmals, die Szene sei gestellt. Fotograf Christandl und der KURIER klagten wegen übler Nachrede. Dass inszeniert worden sei, sagte der FPÖ-Chef in der TV-Runde zwar nicht mehr, wohl aber, dass laut Innenministerium "kein einziges Kind" in Erdberg "aufgenommen" worden sei. Faktum ist: Die Flüchtlingsfamilie wurde von Erdberg ins Erstaufnahmezentrum Traiskirchen geschickt. In Wien-Erdberg sind nur minderjährige Flüchtlinge, die ohne Eltern oder andere Angehörige nach Österreich gekommen sind, einquartiert.

"Wir haben pro Tag mindestens – und das sagen die Behörden – über 8000 Menschen, die zu uns kommen. Und es werden seit längerem Zeitraum von den deutschen Behörden bis zu 1600 pro Tag aufgenommen. Es ist ein interessantes Kunststück, wohin die anderen dann verschwinden". Wird wie Strache insinuiert mit Zahlen getrickst?

ÖVP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner tut kund, 6000 bis 7000 Kriegsvertriebene querten täglich unser Land. Gerry Foitik, Bundesrettungskommandant des Roten Kreuzes, sagt: Die 1600 Flüchtlinge, die Strache nennt, sind jene Menschen, die via Salzburg die Grenze nach Deutschland überschreiten. Der große Rest reise über Passau oder die grüne Grenze nach Deutschland. Das verschweige Strache. Richtig ist: 95 Prozent derer, die Österreich passieren, fahren nach Deutschland weiter. Seit dem 5. September haben 200.000 Flüchtlinge Österreich durchquert; fünf Prozent davon (rund 10.000 Menschen) haben hier Asyl beantragt.

"Wenn Entwicklungen unter Rot-Grün einkehren, dass eine Kindergartenpädagogin gekündigt wird, weil sie den Kindern das Christfest näherbringt, dann sollten Sie sich schämen", sagt Strache. Häupl kontert: "Niemand wird hinausgeschmissen, weil er Weihnachten erklärt."

In jenen städtischen Kindergärten, in denen "Kinder mit unterschiedlichen Religionen oder auch ohne Religionsbekenntnis sind, werden religiöse Inhalte vor traditionellen Festen ausgespart", besagt eine interne Regel. Die von Strache angesprochene Kindergärtnerin habe sich nicht nur nicht daran gehalten, sondern versucht, Kinder zu missionieren, so jener Teil des internen Protokolls, den Strache nicht zitierte. Die Kindergartenpädagogin ist mittlerweile dienstfreigestellt, mit Jahresende gekündigt. Der Grund laut dem verantwortlichen Stadtrat Christian Oxonitsch: Ihre Arbeitsleistungen hätten "über einen sehr langen Zeitraum nicht den Anforderungen entsprochen".

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