Saudi-Zentrum: Kanzler stellt Ultimatum
Die Zukunft des umstrittenen Abdullah-Zentrum für Interreligiösen Dialog (KAICIID) wird mehr und mehr zum Zankapfel in der Regierung. Außenminister Sebastian Kurz unternimmt alles, um das Zentrum zu retten. Er überredete Vize-Chefin Claudia Bandion-Ortner zum Rücktritt und will eine Neuaufstellung des Zentrums. Am Rande des EU-Außenministertreffen traf Kurz den spanischen Außenminister Jose Manuel Garcia-Margallo, da Spanien Gründungsmitglied des Zentrums ist. "Spanien sehe das Abdullah-Zentrum nach wie vor als eine positive Organisation und sei der Meinung, dass mehr Aktivität gut wäre", meinte Kurz nach dem Treffen.
Kein Versuch gestartet
Weniger Hoffnung hat Bundeskanzler Werner Faymann. Beim ersten Barbara-Prammer-Symposium ging der Kanzler hart ins Gericht mit dem Abdullah-Zentrum. "10 Jahre Haft und von Auspeitschung betroffen ist Raif Badawi, weil er das gesagt hat, wofür dieses Dialogzentrum angeblich gegründet wurde. Es ist haarsträubend, dass ein Zentrum, dessen Seele der Dialog sein sollte, hier schweigt." Erstmals gestand der Kanzler auch ein, dass es ein Fehler war, das Zentrum zu gründen.
Im KURIER-Interview konkretisiert Faymann seine Pläne für das Abdullah-Zentrum. "Das ist kein Dialog-, sondern ein Schweigezentrum." Für Sommer war der Bericht über das Abdullah-Zentrum vorgesehen. Das dauert Faymann zu lange. "Ich möchte, dass der Bericht im März beim nächsten außenpolitischen Ausschuss im Parlament vorliegt. Im Bericht muss es klare Worte geben. Wofür wurde das Geld eingesetzt? Was ist bis jetzt geschehen? Im März muss es eine Entscheidung geben, wie es mit dem Abdullah-Zentrum weitergeht", lautet Faymanns Ultimatum.
Zwischen den Zeilen lässt der Kanzler durchblicken, dass ihm eine Schließung eher heute als morgen lieber wäre. Die Hoffnung von Kurz auf einen Neustart teilt Faymann in keiner Weise. "Ich hätte keinen Versuch mehr gestartet. Für mich gibt es zur Stunde keine Basis und auch in Zukunft sehe ich keine Basis."
Sechs-Augen-Gespräch
Überraschend springt Faymann jedoch für die abservierte Vizepräsidentin Bandion-Ortner in die Bresche. "Ich halte es für übertrieben, nun alles einer Person in die Schuhe zu schieben. Nur ein neues Gesicht als Vizepräsidenten einzusetzen, ist sicherlich zu wenig. Das wird es nicht spielen, sich so über die Sache drüberzuschwindeln." Die Zukunft von Bandion-Ortner ist noch offen. Die Ex-Ministerin schweigt. Theoretisch könnte sie wieder als Richterin arbeiten, da sie karenziert ist.
Außenminister Kurz will nun Bundespräsident Heinz Fischer als Vermittler einschalten. Er schlägt ein Sechs-Augen-Gespräch vor. "Ich glaube, dass es gut wäre, hier eine österreichische Linie zu finden", meint Kurz.
Nein, sie war wirklich kein politisches Talent. Aber statt weiterhin auf Claudia Bandion-Ortner herumzutrampeln, sollte man lieber fragen, wer sie "erfunden" hat. Die zweifach Gescheiterte (als Justizministerin und als Vizegeneralsekretärin des interreligiösen Saudi-Zentrums) muss sich zwar den Vorwurf gefallen lassen, sich selbst überschätzt zu haben. Doch Josef Pröll, der sie in die Politik holte, hat den noch größeren Fehler gemacht – und damit ihr und der Politik insgesamt einen Bärendienst erwiesen.
Es wird für Bandion-Ortner verdammt schwierig, den Weg zurück in ein "normales" Berufsleben zu finden. Einen so öffentlichen Bauchfleck wünscht man niemanden – und er findet Gott sei Dank auch nicht täglich statt. Sonst wäre es noch schwerer, geeignete Personen für politische Ämter zu finden. Schon länger winken ja mögliche attraktive Minister-Kandidaten ab, weil sie zu Recht den Verlust von Privatsphäre, Freizeit und oft auch Einkommen fürchten. Dazu kommt: Wer nicht gerade Beamter oder (Partei-)Funktionär ist, dem ist womöglich eine Rückkehr in den früheren Brotberuf versperrt. Man wird damit zum politischen "Versorgungsfall". Pröll hätte seinerzeit erkennen müssen, dass die Richterin Bandion-Ortner ein Seitenblicke-Star, aber nie ein homo politicus war.
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