Was sich die Bürger wünschen

Studentin Panagiotakis: Leute mit zwei Land Rovern und großer Wohnung sollten mehr Steuern zahlen.
Bessere Bildung und fairere Steuern – das sind nur zwei der Forderungen für 2015.

Rochaden in den Regierungsmannschaften, Verhandlungen hinter dicken Polstertüren, die Reform des Gesundheitssystems oder der Verwaltung: All das beschäftigt Bürger bisweilen weniger, als der Politik lieb ist.

Was wünschen sich die "einfachen Bürger", vom Lehrling bis zur Pensionistin, von der Politik im neuen Jahr? Ist die Aufklärung der Hypo-Pleite das drängendste Thema? Sind es die allenfalls als zu hoch empfundenen Steuern, die stets diskutierte Bildungslandschaft, die gerne als träge und überbordend verunglimpfte Verwaltung – oder alles zusammen? Der KURIER hörte sich um – und bekam zwar keine Antworten, die statistisch gesehen als repräsentativ herhalten dürfen. Spannend und überlegenswert sind sie aber allemal.

Die Studentin: "Wohnen muss wieder leistbar werden"

Eigentlich hat Iris Panagiotakis vieles richtig gemacht. Sie hat eine Ausbildung, sprich Lehre als Köchin gemacht. Sie hat sich verschiedene Jobs angesehen, war Flugbegleiterin, Rezeptionistin. Und als klar war, dass ihr das nicht reicht, hat sie die Matura nachgeholt, sich um ein Stipendium bemüht. Nun studiert sie Volkswirtschaft an der Wiener Wirtschaftsuni.

Das Problem ist nur: Es geht sich trotzdem kaum aus. „Die Miete für meine kleine Wohnung frisst de facto mein gesamtes Stipendium auf. Würde ich nicht arbeiten und von meiner Mutter unterstützt werden, könnte ich mir das Leben nicht leisten.“

Die 29-Jährige ist ein klassisches Beispiel für die „Generation Praktikum“, also jene Bevölkerungsgruppe von ambitionierten und qualifizierten Jungen, die sich mit schlecht oder unbezahlten Jobs bzw. Praktika über Wasser halten müssen. „Ich wünsche mir, dass Wohnen für Junge leistbarer wird. Die Mieten müssen einfach runter – und wenn man das staatlich reglementiert“, sagt die Halb-Griechin über ihre politischen Wünsche für das neue Jahr.

Panagiotakis beschäftigt das Auseinanderdriften von Arm und Reich. Und in Kenntnis der Situation in Griechenland („Man will es ja nicht glauben, aber dort werden jetzt im Winter Volksschüler im Unterricht ohnmächtig, weil sie zu wenig zu essen bekommen“) hofft sie auf die Steuerreform und eine fairere Besteuerung von Vermögen. „Wer zwei Land Rover und eine Wohnung mit 250 Quadratmetern besitzt, der muss einfach mehr für das Gemeinwohl beitragen. Das ist eine Frage der Solidarität.“

Die Unternehmerin: "Die Auflagen sind enorm, die Strafen für kleinste Vergehen viel zu hoch"

Was sich die Bürger wünschen
Vergolderin Waltraud Luegger in ihrem Geschäft in der Goldeggasse 21 in Wien am 23.12.2014
Waltraud Luegger liebt ihren Beruf. Sonst, sagt sie, würde sie sich das alles auch gar nicht antun. Seit bald zehn Jahren ist die Vergolderin nun Unternehmerin. Das Geschäft ist mittlerweile um einiges härter als zu Beginn. Die vor allem staatlichen Großaufträge im Zuge von Restaurierungsarbeiten gibt es so nicht mehr. Doch bisweilen machen es ihr die öffentliche Hand und die Politik nicht unbedingt leichter, das Unternehmen mit zwei Mitarbeitern weiter zu führen. Das eine Problem, das sind die Lohnnebenkosten. „Es ist ja fast schon langweilig, es zu kritisieren, aber wenn ich mir ansehe, was ich für meine Mitarbeiter ausgebe, und was sie dann am Lohnzettel bekommen, dann muss man leider sagen: Die Steuern sind in diesem Bereich einfach zu hoch.“

Im Unterschied zum Finanzamt sei die Sozialversicherung mitunter weit weniger kulant: „Dort interessiert es meistens niemanden, ob ich Aufträge und ein entsprechendes Einkommen als Firma habe oder nicht.“

Was könnte man kurzfristig ändern, um die Situation der Klein-Unternehmer zu verbessern? „Zum Beispiel die Strafen für geringere Vergehen etwas mildern“, sagt Luegger. „Ich finde es überzogen, fehlende Jausenräume oder Waschbecken mit fünfstelligen Euro-Beträgen zu ahnden. Wenn du als Wirtschaftstreibender nur eine Auflage nicht erfüllst, dann sind die Bußgelder mitunter existenzbedrohend.“

Und was wünscht sie sich als Kleinunternehmerin sonst noch von der Politik für das Jahr 2015? „Verbesserungen bei der Vereinbarkeit von Familie und Job“, sagt die Mutter eines kleinen Buben. „Wir hätten es uns nicht leisten können, den Betrieb einfach ein, zwei Jahre zu schließen. Deshalb bin ich wenige Wochen nach der Geburt wieder im Geschäft gestanden.“ Doch es war nicht nur die Doppel-Belastung, die Luegger zu schaffen machte. „Vor allem das gesellschaftliche Klima, dieses: ,Wie kannst du das nur machen mit deinem Kind?’ gemeinsam mit den Schwierigkeiten, einen passenden Platz bei einer Tagesmutter zu finden, haben mich belastet.“ Die Lösung: Mehr Unterstützung bei Kinderbetreuungsplätzen für Kleine und Kleinste.

Der Lehrling: "Veraltetes Schulsystem"

Was sich die Bürger wünschen
privates bild markus brandstetter
Das Schulsystem und Markus Brandstetter, die beiden waren nicht füreinander geschaffen. „Ich bin mit dem Frontal-Unterricht im Gymnasium nicht zurecht gekommen. Mir erscheint der Zugang veraltet“, sagt der 19-Jährige, der vor kurzem eine Lehre begonnen hat. Brandstetter glaubt, dass die Unterrichtsform vielerorts Reformen braucht. Aber für ihn zählt jetzt einmal etwas anderes: Die Ausbildung fertig machen, und dann würde er gerne den Küchenmeister machen und ein Restaurant eröffnen. „Große Träume, ich weiß. Aber zurzeit macht die Lehre einfach Freude.“ Die durchaus hohen Wohnkosten sind auch für ihn Thema. „Mit meinem Gehalt würde ich’s nicht schaffen. Deshalb muss jetzt mein Erbe herhalten.“

Die Pensionistin: "Der Umgang sollte sachlicher werden"

Was sich die Bürger wünschen
Es könnte ihr egal sein. Helga Sedlbauer ist in Pension, sie klingt zufrieden und findet mit dem, was ihr Monat für Monat an Pension ausbezahlt wird, ein gutes Auskommen, wie sie sagt. „Aber für meine Enkerln würd’ ich mir wünschen, dass das Bildungssystem einfach noch besser wird. Es gibt nichts Wichtigeres als eine gute Ausbildung für die Kinder. Und meine Kinder erzählen mir, dass einiges verbessert werden müsste.“ Das ist ihr Wunsch für 2015 an die Politik, eine vernünftige Bildungsreform.

Sedlbauer ist informiert genug um zu wissen, dass das kostet. Woher also nehmen? „Von den Vermögenden. Wer Millionen hat, für den spielt es keine Rolle, wenn er ein halbes Prozent von seinem Besitz als Steuer bezahlt.“ Insgesamt macht sich die eloquente Pensionistin durchaus Sorgen um all das, was da in den nächsten Jahren allenfalls noch auf Österreich zukommt. „Schauen wir doch nach Deutschland. Dort bekommen Rechtsradikalismus und andere Strömungen wieder Zustrom. Auf der anderen Seite nimmt die Toleranz stetig ab – wir müssen wirklich aufpassen“, sagt Sedlbauer.

Insofern hat sie auch ein sensibles Ohr für den Stil und den Ton in der Politik. „Mein Mann und ich verfolgen die Politik im Radio, Fernsehen und auch in Tageszeitungen, aber der Ton ist vielfach immer noch zu persönlich, zu untergriffig und zu hart.“

Das wäre auch noch so ein Wunsch für das neue Jahr: „Der Umgang in der politischen Arena könnte sachlicher und fairer sein.“

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