Große Mehrheit will Flüchtlingen helfen

Große Mehrheit will Flüchtlingen helfen
Geld- und Sachspenden an erster Stelle. Beste Figur im Krisenmanagement macht Polizei.

Lange Zeit wurde mehr gezankt als geholfen. Bund, Länder und Gemeinden schoben einander die Verantwortung für die untragbaren Zustände im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen zu. Erst kürzlich wurden Politiker rührig. Sie setzten einen Flüchtlingskoordinator, den Ex-Raiffeisenboss Christian Konrad, ein. Und der Bund soll ab Oktober berechtigt sein, in Gemeinden Quartiere zu errichten – auch gegen den Willen des Bürgermeisters.

Was denken die Bürger? Eine OGM-Umfrage für den KURIER ergibt: Knapp mehr als die Hälfte ortet Krieg im Heimatland als Motiv für die Flüchtlingswelle. Nur 29 Prozent befinden, diese Menschen wollten es sich nur ökonomisch verbessern (Grafik).

Große Mehrheit will Flüchtlingen helfen

Die Innenministerin geht davon aus, dass bis Jahresende 80.000 Flüchtlinge Asyl begehren werden. Zwölf Prozent der Österreicher können mit dieser Zahl gut leben. Eine relative Mehrheit von 39 Prozent hätte gerne, dass weniger kommen. Zehn Prozent können sich 100.000 vorstellen, acht Prozent 150.000. Eine generelle Obergrenze lehnen 28 Prozent der Befragten ab; dies widerspräche auch der Menschenrechtskonvention.

Woher rührt das Gefühl der Überforderung, obwohl Österreich während der Ungarn-Krise und des Krieges in Ex-Jugoslawien mehr Flüchtlinge aufgenommen hat als bisher? 51 Prozent sehen den Grund in Herkunft und Religion der Flüchtlinge. Fast ebenso viele führen an, dass die Flüchtlinge damals aus Nachbarstaaten gekommen, weitergezogen oder später zurückgegangen seien. "Jetzt glauben viele, die Flüchtlinge bleiben großteils da", sagt OGM-Chef Wolfgang Bachmayer. Ein Drittel führt zudem die Lage auf dem Arbeitsmarkt an.

Große Mehrheit will Flüchtlingen helfen

Und wer macht in den Augen der Bürger in der Flüchtlingspolitik eine gute Figur? Auf Platz 1 liegt die Exekutive: Knapp die Hälfte der Österreicher hat in dieser Angelegenheit eine gute Meinung von ihr. Warum? "Die Polizei liegt in allen Vertrauensumfragen zu Berufsgruppen trotz Vorfällen, die es immer wieder gibt, gut. Und in der Flüchtlingsfrage hat sie bisher ein gutes Bild abgegeben. Es gab keine Berichte von Übergriffen", erläutert Bachmayer.

Als Hauptverantwortliche für den Quartiermangel sehen die Österreicher Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, gefolgt von den Landeshauptleuten. Bachmayer: "Mikl-Leitner ist Ressortzuständige. Und die Ländervertreter gelten als Blockierer."

Was sollte die Politik nun tun? "Aus Sicht der Bürger möglichst vieles, was außerhalb der EU greift", sagt Bachmayer. 54 Prozent wollen schärfere Kontrollen an den EU-Außengrenzen, etwa in Griechenland und Italien, fast ebenso viele eine "Aktion scharf" auf Autobahnen. Auch dahingehend, wo Asyl beantragt können werden soll, gilt: "So weit weg wie möglich." Eine Mehrheit von 51 Prozent ist dafür, das in Flüchtlingslagern in den Nachbarstaaten von Kriegsgebieten zu ermöglichen, 48 Prozent plädieren für Aufnahmelager an den EU-Außengrenzen. Und was können sich die Österreicher vorstellen, selbst zu tun? Sie sind überwiegend hilfsbereit:

Sechs Prozent sagen, sie würden Flüchtlinge im eigenen Haushalt beherbergen.

Fast zwei Drittel der Österreicher geben an, Flüchtlinge mit Sachspenden (41 %) und Geldspenden (24 %) unterstützen zu wollen.

Nur etwas mehr als ein Drittel der Österreicher sagt, das sei allein Sache des Staates und privater Einrichtungen.

Startet man in den Hilfsorganisationen einen Rundruf mit der Frage: " Was wird derzeit am dringendsten benötigt?", dann sind das nicht Lebensmittel oder Decken für die Flüchtlinge, die am Wiener Westbahnhof ankommen, sondern man erhält fast unisono eine Antwort: Wohnraum für Flüchtlinge. Keine Frage, ein Zimmer oder gar eine Wohnung den Kriegsopfern aus Syrien zur Verfügung zu stellen, können sich nur die wenigsten leisten. Sind hingegen die Ressourcen und der Wille vorhanden , muss man einige bürokratische Hürden überwinden, bis eine Flüchtlingsfamilie ins neue Heim einziehen kann.

Wohnraum spenden In Wien und Niederösterreich hat die Diakonie (www.diakonie.at) die private Wohnraum-Vermittlung übernommen.Die Diakonie stellt den Erstkontakt zwischen Flüchtling und Spender her. In allen anderen Bundesländern müssen sich Spendenwillige an die Flüchtlinsgkoordinationsstelle der Landesregierung wenden. "Wir hoffen, dass wir auch bald die Organisation im Burgenland übernehmen können, denn hier melden sich sehr viele Menschen, die Flüchtlingen Unterkunft geben wollen", so Diakonie-Pressesprecherin Roberta Rastl. Allein in Niederösterreich wurden in den letzten 12 Monaten 750 Quartiere zur Verfügung gestellt.

"Damit die Flüchtlinge ihre Grundversorgung erhalten, müssen sie beim Einzug in die Wohnung am Meldeamt registriert werden, ein Konto eröffnen und es muss eine Nutzungsvereinbarung zwischen Flüchtling und dem Unterkunftgeber abgeschlossen werden",so Rastl. Ist das alles erledigt, muss ein Ansuchen um Aufnahme in die Grundversorgung beim Caritas-Asylzentrum eingebracht werden. Die Bewilligung kann es bis zu vier Monate dauern. Die meisten Spender stellen ihr e Quartiere befristet für ein Jahr Minimum zur Verfügung. Ein Flüchtling, der in einem Privatquartier lebt, bekommt 200 Euro im Monat sowie 120 Euro Wohnbeihilfe. "Eine Familie erhält 400 Euro, plus 90 Euro pro Kind und 240 Euro Wohnbeihilfe pro Monat", erklärt Rastl.

Notquartiere Die Caritas wird in den nächsten Wochen mehrere Notquartiere für Flüchtlinge einrichten, darunter auch Unterkünfte für Jugendliche, die allein geflüchtet sind. Die Caritas sucht dringend Spender, die mithelfen, damit die Notquartiere rechtzeitig eröffnet werden können. Ein Wäschepaket etwa kostet 25 Euro (www.caritas.at). Bei der Diakonie etwa kann man den Ankauf eines Eiskasten mit 30 Euro oder eine Matratze für 60 Euro unterstützen (www.diakonie.at/spenden-fuer-fluechtlinge). Auch Zeitspenden, etwa beim Errichten der Quartiere mithelfen, sind möglich.

Hilfspakete für den Winter. Viele Flüchtlingskinder haben nicht mehr als ein Paar Sandalen als Schuhe. Um die Flüchtlinge auf die Wintermonate vorzubereiten, schnüren die Hilfsorganisationen Spendenpakete. Das Rote Kreuz etwa hat ein Hilfspaket mit Handschuhen, Schal, Decke und Haube etc. um 55 Euro zusammengestellt. (spende.roteskreuz.at)

Medizinische Hilfe Auch die medizinische Betreuung der Flüchtlinge kann mit geringem finanziellen Einsatz verbessert werden. Mit einer 90- Euro-Spende sichert man die Behandlung einer Person für ein halbes Jahr. Nur 15 Euro kostet für die Behandlung einer Person für ein Monat (diakonie.at/spenden-fuer-fluechtlinge)

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