Asyl-Politik: Doskozil will Deal mit Ungarn

Grenzübergang Nickelsdorf: Zehntausende kamen aus Ungarn.
Budapest durchkreuzt die österreichischen Pläne: "Wir nehmen keine Leute zurück".

Die Kritik an Außenminister Sebastian Kurz hält weiter an. Nachdem er vorschlug, Flüchtlinge auf Lesbos zu internieren und sich Australien als Vorbild in der Asyl-Politik zu nehmen, meldeten sich zahlreiche Kritiker zu Wort.

Zuletzt der Bürgermeister von Lesbos, Spyros Galinos: Er würde Kurz dafür am liebsten "einen Fußtritt verpassen". Sein Vorschlag sei "eine Kriegserklärung", sagte Galinos der Presse. "Wir werden es nicht zulassen, dass Lesbos ein zweites Alcatraz wird." Vizekanzler Reinhold Mitterlehner hingegen stellte sich hinter Kurz: "Solange das Problem nicht gelöst ist und der Schutz der Außengrenzen nicht funktioniert, darf es keine Denkverbote geben", sagte er dem Standard.

Außenminister Sebastian Kurz verteidigte in der ZiB 2 seinen Vorschlag. „Das europäische Modell ist schlecht, weil Hunderte Menschen im Mittelmeer ertrinken. Da will ich nicht zuschauen. Vor Australien ertrinkt niemand.“ Kurz wäre es am liebsten, wenn die österreichische Obergrenze ausgeschöpft würde, ohne dass sich Flüchtlinge Gefahren und Schleppern aussetzen müssten.
Kurz gilt als Anführer einer ÖVP-Gruppe, die den Neustart der Koalition hintertreibe. Kurz dementierte dies in der ZiB 2. Den Satz „Ich will“ (den Neustart) habe Vizekanzler Mitterlehner im Namen des gesamten ÖVP-Regierungsteams gesagt.

Während Kurz Schlagzeilen liefert, reißt SPÖ-Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil das Zepter des Handelns an sich. Er will einen Deal mit den Ungarn erzielen. Am Donnerstag trifft er in Budapest seinen ungarischen Amtskollegen István Simicskó und den Parlamentspräsidenten László Kövér. Doch Ungarns Regierungssprecher Zoltan Kovacs meinte schon vor dem Meeting: "Wir nehmen keine Leute zurück, die auf Einladung anderer Länder durch Ungarn gegangen sind."

In Österreich sitzen derzeit 4367 Flüchtlinge, die laut Dublin-Verordnung nach Ungarn rückgeführt werden könnten. Die Krux an der Sache: Ungarn gilt auf Grund einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als sicherer Drittstaat. Laut dem Dublin-System ist jener EU-Staat, den ein Asylbewerber als erster betreten hat, für diesen zuständig. Die meisten Flüchtlinge betreten in Griechenland EU-Territorium. Nach Griechenland sind Rückführungen aber schon seit Jahren nicht möglich, weil Asylbewerbern dort laut dem EuGH eine Verletzung von Grundrechten droht. In Bezug auf Ungarn gibt es noch keine entsprechende europaweite Rechtsprechung.

Doskozils Plan schaut so aus: Er wird versuchen, die Ungarn mit einem Angebot aus ihrer starren Position zu locken. Pro Tag werden trotz Grenzzauns zu Serbien 150 bis 200 Flüchtlinge in Ungarn aufgegriffen. Das Bundesheer könnte den Ungarn bei der Sicherung der Außengrenze helfen und das Schlepperbusiness eindämmen. Das Kalkül: Möglicherweise öffnen die Ungarn im Gegenzug ihre Grenzen zu Österreich und nehmen Flüchtlinge zurück.

Konsequenzen aus Brüssel

Die EU-Kommission will indes unkooperativen Partnern mit "Konsequenzen" drohen. Das geht aus dem Entwurf einer Mitteilung der EU-Kommission hervor, der der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel vorliegt. Im Blick hat die EU-Behörde dabei insbesondere die Entwicklungspolitik und Handelsbeziehungen. An diesem Dienstag will die EU-Behörde das Papier offiziell in Straßburg vorstellen. Länder, die Migranten nicht einfach weiterreisen lassen oder zurücknehmen, sollen hingegen belohnt werden. In dem Papier ist von "positiven und negativen Anreizen" die Rede.

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