Das "beste Abkommen" ist dem Kanzler nicht gut genug
Österreich profitiere vom Freihandel, das stehe außer Streit. Und: Der EU-Kanada-Pakt CETA sei "wahrscheinlich das beste Handelsabkommen, das die EU je abgeschlossen hat."
Dieses Urteil stammt nicht etwa von der Industrie, sondern von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ), zu hören am Mittwoch bei der Parlaments-Enquete zur Handelspolitik. Kern lobte sogar ausdrücklich die Kommission für die CETA-Verhandlungen.
Mit "fliegenden Fahnen"
Das wird kein Wunschkonzert. Kern weiß, dass die EU-Staats- und Regierungschefs CETA mit qualifizierter Mehrheit beschließen werden. Es könne sein, dass Österreich "mit fliegenden Fahnen untergeht", hat er vorsorglich angekündigt. Alles Bluff?
Die Grünen jedenfalls wollen, dass sich Kern deklariert. Er habe sich "weit aus dem Fenster gelehnt", sagte Europasprecher Werner Kogler. Dann solle er so mutig sein und dem CETA-Vertrag ganz die Unterschrift verweigern.
Ein Nachbessern, das Kern vorschwebt, dürfte schwierig werden: CETA ist fertig ausverhandelt und in alle 24 EU-Sprachen übersetzt. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) sieht (wie EU-Kommissionschef Jean Claude Juncker) eine "rote Linie": Nachverhandeln ausgeschlossen.
Mitterlehner will Skeptiker anders überzeugen. Mit Kanadas Handelsministerin Chrystia Freeland habe er über eine Erklärung gesprochen, die CETA begleiten könnte. Die Kanadier sollen öffentlich bekunden, dass sie gar kein Interesse haben, dass EU-Länder öffentliche Dienste privatisieren.
Kanadas Chefverhandler Steve Verheul betonte im Nationalrat in Wien, er habe in sechs Jahren Verhandlungen nicht ein einziges Mal verlangt, dass die EU irgendwelche Standards lockert: "Wir kämen unsererseits nie auf die Idee, das zu tun."
Horrorszenario Apple
In CETA ist ein neues Investitionsgericht (ICS) vorgesehen, das den umstrittenen Investorenschutz verbessert und den Staaten mehr Rechte gegenüber klagenden Investoren einräumt. Ja, CETA sei dadurch "ein großer Schritt vorwärts", sagte Jan Kleinheisterkamp, Professor an der London School of Economics. Dennoch bleibe der ICS ein Schiedsgericht, über das nationale Gerichte umgangen werden.
Momentan stellt sich diese Frage nicht, denn es gibt kein Investitionsabkommen zwischen den USA und Irland. Der Rechtsexperte plädiert jedenfalls dafür, die Sonderklagsrechte gänzlich auszuklammern – so, wie es Australien 2005 im Abkommen mit den USA getan hat.
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