Grasser-Anklage: Anwalt will Prüfung durch Justizminister

Entscheidung im 7. Jahr? Ex-Minister Karl-Heinz Grasser rechnet mit einer Einstellung des Verfahrens
Vorhabensbericht zur BUWOG-Affäre zählt 850 Seiten. KHG-Verteidiger rechnet mit Einstellung.

Das Dokument ist, was man landläufig einen "Ziegel" nennt: 850 Seiten, feinsäuberlich verschnürt – so landete der Vorhabensbericht der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zur BUWOG-Affäre jüngst im Justizministerium. Wie der Name sagt, erklärt die Staatsanwaltschaft darin, was sie in einer Causa unternehmen will – "Anklagen oder nicht" lautet, vereinfacht gesagt, die Frage. Was Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser angeht, empfehlen die Korruptionsjäger der WKStA dem Vernehmen nach eine Anklage.Wie berichtet, geht es bei der BUWOG-Affäre im Wesentlichen um die 2004 erfolgte Privatisierung von 60.000 Bundeswohnungen, an der eine Reihe von Grasser-Spezis (Trauzeuge Walter Meischberger, Lobbyist Peter Hochegger etc.) ausnehmend gut verdient haben.

Provisionen

Die Provisionszahlungen sind unbestritten. Ob sie zu Recht erfolgten bzw. ob der Zuschlag an das Immofinanz-Konsortium letztlich auf einen unlauteren Tipp zurückzuführen ist, das haben die Korruptionsjäger seit 2009 versucht herauszufinden. Laut dem KURIER vorliegenden Informationen hat die WKStA keine "smoking gun", also keinen Kronzeugen oder schlagenden Beweis, der belegt, dass das Bieterverfahren getürkt waren. Gleichwohl gibt es eine Reihe an irritierenden Indizien – und auf die bauen die Staatsanwälte. Eines der stärksten: das auffallend lückenhafte Wissen des früheren Grasser-Freundes Meischberger. Der Lobbyist der Immofinanz-Gruppe wusste zwar, dass die Konkurrenz seines Auftraggebers bis maximal 960 Millionen geht – woraufhin die Immofinanz mit dem punktgenauen Gebot von 961 Millionen Euro siegte.Aber woher genau er die Information hatte, das konnte bzw. wollte Meischberger nie erklären. Kam der millionenschwere Tipp direkt oder indirekt von Spezi Grasser? Zumindest die Korruptionsjäger halten das für glaubhaft.

Weisungsrat entscheidet

Ob dem früheren Ressortchef und seinen Bekannten der Prozess gemacht wird, hängt jetzt zu einem wesentlichen Teil an drei hochrangigen Juristen: Generalprokurator Werner Pleischl, Ex-Generalprokurator Walter Presslauer und die Wiener Strafrechtsexpertin Susanne Reindl-Krauskopf werden – wie bei allen großen Causen von breitem politischen Interesse – als "Weisungsrat" eine Empfehlung abgeben. Und an diese, formal freilich nicht bindende Entscheidung will sich auch Justizminister Wolfgang Brandstetter halten. Für Grassers Anwalt Manfred Ainedter ist das inakzeptabel, wie er zum KURIER sagt: "Ich habe Brandstetter schriftlich ersucht, sich selbst einen Eindruck vom Verfahren zu machen und sich nicht nur auf das Urteil des Weisungsrates zu verlassen – immerhin ist er selbst Experte." Ainedter rechnet mit einer Verfahrenseinstellung. "Sollte es wider Erwarten doch zur Anklage kommen, dann nur, weil die Staatsanwaltschaft nicht die Größe hat zu sagen: ,Wir haben sieben Jahre ermittelt und es ist nichts herausgekommen‘."

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