Was die Bundesländer von Vorarlberg lernen können

Landeshauptmann Markus Wallner
Landeschef Wallner setzt bei der Flüchtlingshilfe auf Holzbauten und Information.

Vorarlberg ist ein kleines Bundesland, flächenmäßig nach Wien das kleinste. Doch seit jeher herrscht im Ländle ein anderer Geist. Probleme werden vor allem einmal mit viel Pragmatismus angegangen. Vielleicht ist es dieser Zugang, der das westlichste Bundesland für Experten auch in Sachen Asyl und Integration lobenswert macht.

Aber was machen die Vorarlberger anders?

Der KURIER hat ÖVP-Landeshauptmann Markus Wallner gefragt, wie die Probleme rund um das Flüchtlingsthema dort in Angriff genommen werden.

Geschichte "Vorarlberg hat im Laufe seiner Geschichte immer wieder Zuwanderung gehabt, zum Beispiel ab 1890 aus dem Trentino, bis hin zu Flüchtlingsbewegungen beim Balkan-Krieg", erzählt Wallner. Heute gelte das Integrationsleitbild von 2010, das im Vorarlberger Landtag von allen Parteien einvernehmlich beschlossen worden ist. "Dieser Allparteienkonsens ist eine ideale Voraussetzung, um das Thema intensiv zu bearbeiten." Aus dem Leitbild seien eine Reihe von konkreten Programmen abgeleitet worden, die nun umgesetzt werden.

Quartiere Wallner will vermeiden, überall im Land Blechcontainer aufzustellen. "Das Blech ist ja nach ein paar Jahren schrottreif, und das Geld ist nur zum Fenster rausgeschmissen. Wir überlegen derzeit, wie wir das mittel- bis langfristig lösen können. Die sehr innovative Holzindustrie im Land kommt uns da sehr entgegen", sagt Wallner. Geprüft werde derzeit die Möglichkeit, mit Holz in Leichtbauweise modulartige Wohnräumlichkeiten zu schaffen, die für Jahrzehnte bewohnbar sind. "Mittelfristig können die auch in Wohnungen für junge Vorarlberger umgewandelt werden."

Bildung Im Schulbereich werde regelmäßig erhoben, wie viele Flüchtlingskinder da sind, und welche Maßnahmen notwendig seien. "Wir haben den Schulen mehr Kontingente an Lehrerstunden zur Verfügung gestellt, um unsere Pädagogen zu unterstützen, damit die Kinder rasch Deutsch lernen."

Deutsch Sprache sei generell der wichtigste Schlüssel für Integration. "Deutsch muss so rasch wie möglich vermittelt werden, diese Kenntnisse fordern wir ein, da legen wir viel Wert drauf."

Arbeitsmarkt Dann sei wesentlich, die Menschen auf dem Arbeitsmarkt unterzubringen. "In einem ersten Schritt erheben wir flächendeckend die Qualifikationen. Mit dem AMS versuchen wir diese zu klassifizieren. Konkret suchen wir derzeit Arbeitskräfte im Tourismus, Lkw-Fahrer und Reinigungspersonal", erklärt der Landeshauptmann. Andere Asylwerber müssten besser ausgebildet werden.

Werte Auch Grundrechte und Werte seien von großer Bedeutung. "Wir müssen den Menschen von Sekunde eins an klar machen, dass wir erstens Sprachkenntnisse verlangen und die Akzeptanz unserer Wertvorstellungen – und nicht umgekehrt. " Da gehe es um Verständnis von Demokratie, Meinungsfreiheit, Achtung von Persönlichkeit und Würde, das Gewaltmonopol des Staates, die Trennung von Kirche und Staat und nicht zuletzt um die Gleichberechtigung der Geschlechter.

Eigene Bevölkerung Natürlich gebe es auch in Vorarlberg seitens der Bevölkerung Ängste und offene Fragen. "Das ist keine leichte Situation. Deshalb legen wir Wert darauf, die Bevölkerung einzubinden. Schon bei der Quartiersuche", sagt Wallner. Das Land helfe zudem, Anrainerbeiräte zu gründen und Informationsveranstaltungen abzuhalten, damit die Vorarlberger aufgeklärt werden, was in ihrer unmittelbaren Umgebung passiert. "Wir müssen die Probleme, die entstehen, ansprechen. Es geht um Information, Information, Information. Keine Versteckspiele, kein Durchgriff ohne Beteiligung der Gemeinden. Sonst stößt man auf gravierende Widerstände, die ich auch verstehe."

Vom neu geschaffenen Durchgriffsrecht des Bundes auf die Länder hält Wallner nichts. "Wir strengen uns sehr an, es ist ja alles schwierig genug. Da muss man sensibel vorgehen. Das gilt besonders für den Bund mit dem Durchgriffsrecht. Der Bund soll uns ja nicht unser Klima kaputt machen."

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