Asyl: So sehen Mikl-Leitners Pläne aus

Das Erstaufnahmezentrum in Traiskirchen - künftig soll die Asyl-Aufnahme neu geregelt werden.
Gesetzespaket sieht schnellere Verfahren und regionale Zuständigkeiten vor – SPÖ berät noch intern.

Das Innenministerium macht nun ernst mit den geplanten Änderungen im neuen Asylrecht. Ein Gesetzespaket ermöglicht es, die Verfahren auch außerhalb der Erstaufnahmezentren durchzuführen und etabliert grundsätzlich beschleunigte Verfahren für Asylwerber etwa aus "sicheren Herkunftsländern". Freilich fehlt bisher die Verständigung mit dem Koalitionspartner. Die SPÖ berät noch intern.

Das der APA vorliegende Gesetzespaket würde eine grundsätzliche Neuaufstellung des Systems bringen. Konkret würden die Verfahren nicht mehr automatisch in Traiskirchen und Thalham durchgeführt sondern dort, wo der Flüchtling seinen Antrag stellt, also auch in Außenstellen des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl.

Verteilerquartiere

Asyl: So sehen Mikl-Leitners Pläne aus
APA4492168-2 - 04072011 - TRAISKIRCHEN - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT II - Innenministerin Johanna Mikl-Leitner anl. der PK "Änderungen des Fremdenrechtspaketes 2011 und Sicherheitspolitik in Niederösterreich" am Montag, 04. Juli 2011, in Traiskirchen. APA-FOTO: HELMUT FOHRINGER
Konkret heißt das, dass der Asylwerber nicht mehr quer durchs Land geschickt werden muss, sondern nach einer kurzen Erstabklärung im jeweiligen Bundesland das Verfahren dort bei den Regionaldirektionen des Bundesamts für Asyl und Fremdenwesen durchgeführt wird und der Flüchtling im Idealfall nach zwei, drei Tagen in einem "Verteilerquartier" in eine normale Unterkunft wechselt. Das Gesetz legt nahe, dass die Aufteilung der Asylwerber möglichst gleichmäßig über das Bundesgebiet erfolgen soll. "Dublin"-Fälle, bei denen ein anderen Staat zuständig ist, sowie unbegleitete Minderjährige werden weiter in den Erstaufnahmezentren untergebracht.

Durch das neue Verfahren fällt auch die bisher geltende besondere Mitwirkungspflicht für die Flüchtlinge weg. Damit wird etwa die bei ihrer Einführung heiß umstrittene Anwesenheitspflicht von 120 Stunden in der Erstaufnahmestelle nicht mehr gelten. Dafür unverändert bestehen bleibt die Gebietsbeschränkung, also dass der Asylwerber den jeweiligen politischen Bezirk nicht verlassen darf.

Schnellverfahren

Die zweite große Neuerung ist das so genannte Schnellverfahren. Diese (zeitlich nicht genau determinierte) beschleunigten Verfahren, die laut Gesetz in maximal fünf Monaten durchzuführen sind, aber laut Ministeriumswunsch grundsätzlich nicht länger als zehn Tage dauern sollen, waren zwar bisher schon möglich. Nun werden sie aber grundsätzlich verankert und sollen für bestimmte Asylwerber-Gruppen immer gelten. Betroffen sind Personen aus "sicheren Herkunftsstaaten" (etwa Serbien, Kosovo, Montenegro). Bei Negativbescheiden in diesen Fällen kann - wie auch bei Straftaten oder z.B. Verbindungen zu einer terroristischen Vereinigung - die aufschiebende Wirkung aberkannt werden. Das heißt, eine Abschiebung ist möglich, wenn das Bundesverwaltungsgericht einem Einspruch nicht stattgibt.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) argumentiert die Schnellverfahren vor allem mit der "Massenauswanderung" aus dem "sicheren Herkunftsstaat" Kosovo in den vergangenen Monaten. Es brauche eine deutliche Unterscheidung im Gesetz zwischen Auswanderern und echten Flüchtlingen, findet die Ressortchefin (mehr dazu lesen Sie hier).

Entzug der Grundversorgung

Ebenfalls möglich ist der Entzug der Grundversorgung. Hier wurden die Tatbestände erweitert. Von Einschränkungen bzw. Entzug sind nun auch alle gefährlichen Angriffe gegen Leben, Gesundheit oder Freiheit, die innerhalb der Betreuungseinrichtung begangen werden, unabhängig gegen welche Person sich der Angriff richtet, erfasst.

Rechtsberatung

Nicht unumstritten ist jener Passus im Asyl-Gesetzespaket, der die Rechtsberatung regelt. Das Innenministerium behält sich nämlich vor, eine eigene juristische Person zu errichten und diese mit der Rechtsberatung zu betrauen, beispielsweise eine Anstalt des öffentlichen Rechts oder eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung.

Derzeit wird diese Aufgabe von Volkshilfe und Diakonie sowie vom - dem Innenministerium nahestehenden - Verein Menschenrechte übernommen. Eine solche Errichtung bzw. Beteiligung an einer juristischen Person könnte etwa aus finanziellen und wirtschaftlichen Erwägungen in Betracht gezogen werden, heißt es in den Gesetzeserläuterungen.

Im Klartext heißt das, verlangen die NGOs aus Sicht des Ministeriums zu viel Geld, könnte die Beratung vom Ressort selbst in die Hand genommen werden. Der gesetzliche Auftrag dürfe nicht von Kapazitäten oder Honorarvorstellungen einzelner Dienstleistungsunternehmen abhängig sein, sondern müsse auch bei Engpässen auf jeden Fall erfüllt und sichergestellt sein, heißt es aus dem Innenministeriums auf APA-Anfrage.

Im Innenministerium argumentiert man nämlich auch damit, dass es künftig zusätzliche Rechtsberatung geben wird, etwa bei der Verwehrung von Grundversorgung. Alleine durch diesen Mehrbedarf habe das Ministerium vorzusorgen, dass es jedenfalls ein entsprechendes Angebot an Beratung gibt.

Schubhaft

Neuerungen bringen die geplanten Novellen auch bei der Schubhaft, und zwar auf Druck von Entscheiden des Europäischen Gerichtshofs bzw. des Verwaltungsgerichtshofs. So wird etwa das Prinzip der Verhältnismäßigkeit nun dezidiert in die Bestimmung aufgenommen. Hingewiesen wird z.B. auf einen Höchstgerichtsspruch, wonach zu beachten sei, dass Mittellosigkeit und fehlende soziale Integration noch keine tragfähigen Argumente für das Bestehen eines Sicherungsbedarfs seien. Die Anhaltung eines Fremden in Schubhaft in einer gewöhnlichen Hafteinrichtung ist nicht gestattet, wobei im Innenministerium betont wird, dass zumindest eine klare Trennung der Räumlichkeiten von Schub- und normalen Häftlingen gegeben sein muss.

Berufungen

Was Berufungsverhandlungen im Asylverfahren angeht, sollen mündliche Verfahren in der zweiten Instanz wegfallen - allerdings nicht in allen Causen: Nur bei so genannten "Dublin"-Verfahren, bei denen von der Zuständigkeit eines anderen Staates ausgegangen wird, wird die Regelung aufgehoben. Es gehe nämlich bei den Verfahren um Rechtsfragen und nicht um die Feststellung des für das Asylverfahren relevanten Sachverhaltes, sodass eine Verhandlung, die vor allem der Glaubwürdigkeitsbeurteilung des Asylwerbers dienen solle, meist nicht erforderlich sei, heißt es in den Erläuterungen des Entwurfs.

Die geplante Novellierung des Asylrechts sorgt für Ärger bei Grünen und Asylkoordination. Grünen-Menschenrechtssprecherin Alev Korun sprach in einer Aussendung bezüglich der Schnellverfahren von einer rein symbolischen Geste, die zur Lösung nichts beitrage. Die Asylkoordination wiederum ärgert sich über Überlegungen des Innenressorts, die Rechtsberatung selbst zu übernehmen.

"Der neue Gesetzesvorschlag der Innenministerin, der die Rechtsberatung unter Kuratel des Innenministeriums stellen will, ist ein Fußtritt gegen die notwendige Unabhängigkeit der Rechtsberatung", kritisiert Andrea Eraslan-Weninger, Vorstandsmitglied der Asylkoordination und Geschäftsführerin des Integrationshauses. Dabei sei die Unabhängigkeit der Rechtsberatung unter anderem in der Europäischen Grundrechtscharta vorgeschrieben.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) wiederum argumentiert, dass ihr Ressort den gesetzlichen Auftrag habe, Rechtsberatungen sicherzustellen. Dieser dürfe aber nicht von Kapazitäten oder Honorarvorstellungen einzelner Dienstleistungsunternehmen abhängig sein, sondern müsse auch bei Engpässen auf jeden Fall erfüllt und sichergestellt sein, gegebenenfalls eben durch eine weisungsfreie Stelle des Innenministeriums.

Fünf-Monats-Grenze

Was die Schnellverfahren angeht, ist im Gesetzesentwurf das medial immer wieder genannte 10-Tages-Limit gar nicht enthalten. Vielmehr gilt eine Grenze von fünf Monaten. Die Ministerin begründet dies damit, dass die beschleunigten Verfahren nicht nur für Auswanderer aus "sicheren Herkunftsstaaten" gelten sollen, sondern auch für andere Sonderfälle, bei denen sich der Grund für eine Schnellverfahren vielleicht erst nach zwei Wochen herausstelle. In der Praxis sollen die zehn Tage aber zur Anwendung kommen. Dies hielten die Experten ihres Ressorts für machbar.

Korun hielt der Ministerin entgegen, dass bei Asylverfahren, wo es offensichtlich keine Asylgründe gebe, die Anträge schon seit Jahren rasch behandelt und entschieden werden könnten. Auch bisher hätten das die Asylbehörden oft so gehandhabt. Insofern sieht die Grün-Politikerin im Mikl-Leitner-Vorhaben eine rein symbolische Geste, die zur Lösung nichts beitrage. Sinnvoller wäre, gemeinsam mit der EU die Perspektivlosigkeit, die viele Kosovarinnen und Kosovaren offensichtlich zum Auswandern bewege, zu bekämpfen.

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