Asyl: Ministerin für niedrigere Standards

Mikl-Leitner: Stopp der Verfahren ist „Entscheidung der Vernunft“
Flüchtlinge sollten sich mit weniger begnügen, so Mikl-Leitner. Kritik folgte auf dem Fuße.

Der nächste Aufstand gegen Johanna Mikl-Leitner ist damit schon vorprogrammiert: Die Innenministerin glaubt, dass die Bundesländer ihre Standards bei der Unterbringung von Flüchtlingen senken werden müssen. Man werde vielleicht ändern müssen, dass es für zehn Flüchtlinge ein WC und eine Dusche geben soll. Das könnte ebenso für 20 gelten, meint die Innenministerin im Interview mit den Bundesländer-Zeitungen. Es werde auch nicht mehr funktionieren, dass ein Quartier nur eineinhalb Kilometer vom nächsten Greißler entfernt sein dürfe, sagt Mikl-Leitner. Anlass für diese Aussagen ist der heuer ungewöhnlich starke Zustrom von Flüchtlingen nach Österreich. Dabei geht die Innenministerin davon aus, dass die jüngste Prognose, wonach im Jahr 2015 70.000 Asylanträge zu erwarten sind, eher noch einmal übertroffen wird.

Kritik zuhauf

Prompt stieß der Vorstoß auf Ablehnung, etwa bei der Caritas. Die bestehenden Mindeststandards sollten eine menschenwürdige Unterbringung von Menschen gewährleisten, die aus ihren Heimatländern flüchten und dort alles zurücklassen mussten,, hieß es in einer Stellungnahme für den KURIER. Zu einer menschenwürdigen Unterbringung gehöre auch die Möglichkeit der körperlichen Pflege und Hygiene - eine Dusche für 20 Personen sei dabei sicher nicht ausreichend, erst recht nicht bei den derzeitigen Temperaturen. "Es ist ein weiteres Armutszeugnis des politischen Umgangs mit der Herausforderung gestiegener Antragszahlen, dass man nun versucht, an den Standards zu rütteln, um mehr Quartiere zu schaffen", so Caritas-Generalsekretär Bernd Wachter.

Auch die Grüne Menschenrechtssprecherin Alev Korun ist empört: "Geht es überhaupt noch zynischer?" Nötig sei ein höheres Budget insbesondere für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge.

Die NEOS fordern gar den Rücktritt der Ministerin. Menschenrechtssprecher Nikolaus Scherak nannte die Initiative der Ressortchefin in einer Aussendung "jenseitig und unerträglich". Der Vorschlag sei beschämend für das Menschenrechtsverständnis der Innenministerin. Langsam aber sicher müsse Mikl-Leitner aufpassen, dass sie durch ihr Unterlassen bei der Unterbringung von Flüchtlingen keine Grundrechtsverletzung begehe: "Wenn die Lebensumstände der Flüchtlinge sich weiter verschlechtern, dann kann es unter Umständen sein, dass Österreich das Verbot der unmenschlichen Behandlung nicht einhält."

Zumutbarkeit

Die Ministerin rückte schließlich aus, um sich zu verteidigen. Sie verweist auf jene Asylwerber, die derzeit de facto obdachlos seien. Dass es zu diesen Problemen komme, hänge auch damit zusammen, dass die Länder vereinzelt Quartiere nicht annehmen könnten, weil diese die selbst auferlegten Standards nicht erfüllten. Gerade bei alleinstehenden jungen Männern sollte es auch möglich sein, dass Quartiere mit 6-Bett-Zimmern angenommen werden können. Derzeit sei die Grenze bei fünf Betten. Jeder Grundwehrdiener werde bestätigen können, dass ein 6-Bett-Zimmer zumutbar sei.

Auch VP-Generalsekretär Gernot Blümel wies die Kritik von "Empörungsspezialisten" der Opposition zurück. Polemik und Anpatzereien schafften weder eine einzige zusätzliche Unterkunft für Flüchtlinge, noch würden dadurch Lösungen erzielt.

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