Adoption für Homosexuelle wird schwierig

Derzeit warten in Wien 50 Paare auf ein Adoptivkind.
Schon jetzt kommen in Österreich auf ein Baby zehn Adoptionswillige. Ein Faktencheck.

Aktivisten, Rote und Grüne sind angetan – vom Urteil der Höchstrichter, dass homosexuelle Paare fortan nicht nur Stief-, sondern auch "Fremd"-Kinder adoptieren dürfen. Unberechtigte Freude, weil sich in der Praxis nichts ändern wird? Das hat zumindest ÖVP-Familienministerin Sophie Karmasin im ORF-Radio befunden: "Ich hatte nie Vorurteile oder Befürchtungen, dass eine homosexuelle Elternschaft dem Kind schaden könnte." Der Punkt sei ein anderer: Es gebe zehn Mal mehr Adoptionswillige als Kinder: "Wenn ohnehin schon sehr viele heterosexuelle Paare den Kriterien entsprechen, ist die Frage, inwieweit das in der Realität wirklich umsetzbar sein wird." Im Klartext: Theorie könnte bleiben, was der Gesetzgeber lesbischen und schwulen Paaren nun zugestehen muss. Diese dürfen bereits Pflegekinder bei sich aufnehmen. "Wir haben sehr gute Erfahrungen mit homosexuellen Pflegeeltern gemacht. Für die Adoption erwarte ich keinerlei Diskriminierungen", sagt Herta Staffa vom zuständigen Wiener Magistrat. Wie läuft derzeit eine Adoption?

Wie viele Kinder wurden in Österreich adoptiert?

Derzeit warten in Wien 50 Paare auf ein Adoptivkind. Im Vorjahr sind in der Bundeshauptstadt 32 Kinder adoptiert worden. Für 2014 gibt es bundesweit noch keine Zahlen. 2013 sind laut Justizministerium 319 Kinder adoptiert worden; davon 266 österreichische, 53 aus dem Ausland: Sieben kamen aus Deutschland, sechs aus Bosnien, vier aus Serbien. Zum Vergleich: 2012 gab es 265 Adoptionen (221 österreichische Kinder).

Wer darf adoptieren?

Das Gesetz sieht nicht vor, dass Adoptionswillige verheiratet sein müssen. Hetero- und homosexuelle Einzelpersonen, Ehepaare und spätestens ab 31. Dezember auch Paare mit eingetragenen Partnerschaften dürfen adoptieren.

An wen wenden sich Adoptionswillige?

An die Bezirkshauptmannschaften, in den Städten an das zuständige Magistrat.

Dürfen die leiblichen Eltern mitreden, wer ihr Kind adoptiert?

Ja. Es gibt drei Arten von Adoption. Wenn sich leibliche Eltern für eine "Inkognito-Adoption" entscheiden, dürfen sie bei der Wahl der Adoptiveltern mitentscheiden, verzichten aber darauf, Namen und Wohnadresse des Kindes zu erfahren. Bei der "offenen Adoption" lernen leibliche die neuen Eltern kennen und können die Neo-Familie auch besuchen.

Bei der "halb offenen Adoption" wissen die Eltern nicht, wo ihr Kind in Obhut ist. Sie können aber via Behörde die Adoptiveltern kontaktieren.

Welche Voraussetzungen müssen Eltern in spe erfüllen?

Sie müssen gewillt sein, "eine dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern entsprechende Beziehung" herzustellen – heißt es auf der Service-Seite des Kanzleramtes (www.help.gv.at). Zudem müssen "persönliche, soziale, gesundheitliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen stimmen".

Gibt es eine Altersober- und/oder -untergrenze für potenzielle Eltern?

Im Gesetz ist festgeschrieben, dass die Wahleltern mindestens 25 Jahre alt sein müssen. Der Altersunterschied zwischen Kind und Eltern muss zumindest 16 Jahre betragen. Allerdings gibt es Unterschiede je nach Bundesland. Das Land Salzburg regelt es laut Homepage anders: Eine Frau muss 28 Jahre, ein Mann 30 Jahre alt sein. "Der Altersunterschied zwischen dem Wahlkind und dem Annehmenden muss 18 Jahre sein." Das Land Niederösterreich definiert das Höchstalter im Kinder- und Jugendhilfegesetz mit 50 Jahren.

Wie lange dauert es vom Antrag bis zum Kind?

Da es viel mehr Adoptionswillige als Kinder gibt, müssen Eltern im Schnitt zwei bis drei Jahren warten. In Wien ist die Wartezeit durchschnittlich kürzer. Singles und Ehepaare mit leiblichen Kindern haben generell eine geringere Chance als kinderlose Paare.

Bedarf es einer speziellen Vorbereitung?

Ja. Menschen, die ein Kind adoptieren wollen, müssen Kurse positiv absolvieren. Diese werden von Vereinen, die mit den Ämtern zusammenarbeiten, angeboten. Der Wiener Verein "Eltern für Kinder Österreich" (www.efk.at) bietet Abendkurse und "Reflexionstage" an, die sich über mehrere Monate verteilen. "Adoptionswillige müssen mit 600 bis 800 Euro an Kosten rechnen", sagt Geschäftsführerin Helena Planicka. Rund die Hälfte der Teilnehmer steigt vorzeitig aus – etwa, weil sie schwanger werden, die Beziehung gescheitert ist. Neben den Kursen sind Gespräche und Hausbesuche nötig.

Wer sagt letztlich Ja oder Nein zur Adoption?

Ein Pflegschaftsrichter. Die erste und entscheidende Auswahl treffen die zuständigen Sozialarbeiter.

"Wenn die Aufnahme des Kindes in der Familie vereinbart wird, wird ein Vertrag zwischen Kind und Wahleltern aufgesetzt. Dieser geht ans Gericht. Das Gericht prüft und bewilligt den Adoptionsvertrag", erläutert Herta Staffa vom zuständigen Wiener Magistrat 11.

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