Wladimir Putin – Cäsar in den Iden des März?

Die Büste zeigt Putin als Cäsar
Der Nemzow-Mord, Putins Abtauchen und offene Kritik zeigen: Für manche ist Putin zu liberal.

Weisheit und Mut verkörpert Wladimir Putin in den Augen von Andrej Poljakow. Er ist Chef der russischen Kosakengesellschaft. Und er will dem russischen Präsidenten ein Denkmal setzen. Eines, das eben Mut und Weisheit verkörpert. Der Entwurf ist fertig. Die Büste zeigt Putin als Cäsar. Im Mai soll der Bronzeguss in einem Vorort von Putins Heimatstadt St. Petersburg aufgestellt werden. Am Montag soll Putin in St. Petersburg den kirgisischen Almasbek Atambajew treffen. Sein erster öffentlicher Auftritt seit zehn Tagen, und bis zuletzt war unklar, ob er ihn auch wahrnehmen würde oder könnte.

Gerüchte

Das Abtauchen Putins nährt Gerüchte. Wie dem KURIER gesagt wurde, soll ein Rückenleiden, das von einem Wiener Arzt behandelt wird, hinter der Absenz stecken. Auch war davon die Rede, dass Putin mit seiner hochschwangeren Freundin in einer Schweizer Geburtsklinik sei. Und nicht zuletzt machten auch Gerüchte über einen Putsch die Runde. Alles Blödsinn, hieß es zu all dem seitens des Kreml.

Aber spätestens seit dem Mord an Oppositionspolitiker Boris Nemzow in Sichtweite des Kreml hatte es laut geknarrt im Macht-Gebälk Russlands. Schon in den Tagen danach hatten sich die russischen Medien gegenseitig übertrumpft mit unterschiedlichsten Theorien zu dem Mord, und Darstellungen der Ermittler offen widersprochen – etwas sehr Ungewöhnliches für russische Medien in Angelegenheiten nationaler Bedeutung. Dass der Mord einen, wie angedeutet wird, islamistischen Hintergrund hat und die Täter auf eigene Initiative gehandelt hätten, klingt unglaubwürdig. Schließlich war der Hauptverdächtige ein hoher Kommandant der tschetschenischen Polizeieinheit "Bataillon Nord" und ist gut vernetzt mit dem engsten Umfeld des Präsidenten der tschetschenischen Teilrepublik, Ramsan Kadyrow. Dieser nahm den Hauptverdächtigen offen in Schutz, nannte ihn einen "tiefgläubigen" Mann, der niemals einen Schritt gegen russische Interessen unternommen hätte. Das wirft die Frage auf: Wie kontrollierbar ist Kadyrow noch für Putin? Bisher hatte der Deal zwischen den beiden – Kadyrows Gefolgschaft im Austausch gegen praktisch uneingeschränkte Freiheiten für Kadyrow – mehr oder weniger funktioniert.

Neue Allianzen

Mit dem Krieg in der Ukraine aber sind neue Allianzen entstanden, nicht zuletzt, weil auch tschetschenische Kämpfer – zum Teil auch aus dem "Bataillon Nord" – aufseiten pro-russischer Separatisten kämpfen. Nemzows Anwalt Wadim Prochorow ist jedenfalls überzeugt, dass Putin mit dem Mord an Nemzow praktisch vor der Haustür des Kreml nichts zu tun hat. Im Umfeld des Ermordeten geht man davon aus, dass der Mord Resultat eines Kreml-internen Machtkampfes zwischen radikalen Nationalisten in loser Allianz mit Kadyrow und einem eher pragmatischen Flügel um Putin ist.

Der Krieg in der Ukraine jedenfalls hat ultrakonservative Zirkel gestärkt, die begeistert Putins Aktionen auf der Krim und in der Ostukraine mittrugen, sich jetzt aber zunehmend abwenden. So fühlen sich die Separatisten in der Ostukraine mit ihren Zehntausenden russischen Freiwilligen sowie ihre Unterstützer in Russland verraten, weil Moskau die Regionen nach wie vor nicht anerkannt oder annektiert hat und viel zu lasch mit Kiew und dem Westen verfahre. Einer der Wortführer der Putin-Kritiker in diesem Lager ist der einstige Verteidigungsminister der selbst erklärten Donezker Volksrepublik, Ex-Freischärler Igor Girkin, dem beste Kontakte zum Militärgeheimdienst GRU nachgesagt werden. Bei einem öffentlichen Vortrag in einem Lokalbüro der Bewegung "Neurussland" in Jekaterinburg sagte er, es gebe zwei mögliche Wege für Putin: Den nach Vorbild Milosevics, der nach seinem Sturz im Gefängnis starb; oder den nach Vorbild Nikolaus II., der 1918 in Jekaterinburg erschossen wurde – all das in einem Staat, in dem schon die kleinste Kritik an der Führung einen großen Polizeieinsatz auslösen kann.

Ob Putin die Cäsaren-Verehrung gefällt? Cäsars Ende waren eine Verschwörung und 23 Dolchstiche – in den Iden des März.

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