UNESCO-Chefin Bokova strebt UNO-Chefsessel an

Große Pläne: Irina Bokova
Ban Ki-moon verabschiedet sich Ende des Jahres. Die nächste Wahl wird fairer werden als je zuvor.

Unesco-Chefin Irina Bokowa aus Bulgarien strebt den Posten des UN-Generalsekretärs an. "Würde ich keine Chance sehen, hätte ich diese Sache nicht angepackt", sagte die 63-jährige Generaldirektorin der Weltkulturorganisation am Montag in einem Interview des Fernsehsenders bTV in Sofia. Die Amtszeit von UN-Generalsekretär Ban Ki-moon läuft Ende 2016 ab. Die bulgarische Diplomatin sagte weiter, sie setzte bei ihren Bemühungen um den UN-Vorsitz auf "alle fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats". Die Regierung in Sofia hat allerdings noch nicht über die Nominierung des südosteuropäischen EU-Landes für den höchsten UN-Posten entschieden. Im Gespräch ist in dem ärmsten EU-Land auch die Vizechefin der EU-Kommission, Kristalina Georgiewa. Bokowa rief die Mitte-Rechts-Regierung von Ministerpräsident Boiko Borissow auf, "binnen Wochen" Stellung zu beziehen. Auch Kroatien brachte eine Frau in Stellung: Außenministerin Vesna Pusic wurde vorgeschlagen.

Transparentere Wahl

Die Wahl zum Generalsekretär ist ein schwieriger Akt. Bestimmt wurde bisher dabei von den Weltmächten, die unter den 15 Ländern im Sicherheitsrat das Sagen haben. Bei der Wahl Ende 2016 soll sich das aber zumindest ein Stück weit ändern. Laut der Charta der Vereinten Nationen liegt es am Sicherheitsrat, Kandidaten für das höchste Amt der Weltorganisation vorzuschlagen. Bisher geschah dies ohne große öffentliche Debatte - die Generalversammlung erhielt einen einzigen Kandidaten zum Abnicken vorgesetzt. Im September legten die 193 Mitgliedsstaaten der UNO in einer Resolution fest, das Verfahren transparenter zu machen. Länder sollen künftig Kandidaten vorschlagen, die sich einem Hearing vor der Generalversammlung stellen. Erst dann darf der Sicherheitsrat seinen Vorschlag unterbreiten.

"Dies ist das erste Mal in den 70 Jahren der Vereinten Nationen, dass es einen offeneren Prozess gibt, in dem die Mitgliedsstaaten gebeten werden, Kandidaten vorzuschlagen, und diese in der Generalversammlung die Möglichkeit haben, sich vorzustellen und über ihre Prioritäten befragt zu werden", sagte der derzeitige Präsident der UNO-Generalversammlung, Mogens Lykketoft, zuletzt bei einem Wien-Besuch der APA.

Machtverlust für große Player

Das neue Verfahren kratzt an der Macht der Vetomächte der UNO - USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich. Diese blockierten durch ihr Einspruchsrecht so manchen Kandidaten. Ban Ki-moon etwa, heißt es von Kritikern, wurde von den USA unterstützt, um stärkere Bewerber zu verhindern. Das gehe nun nicht mehr so leicht, sagte Lykketoft. Lange im Vorhinein sollen sich die Kandidaten der Öffentlichkeit stellen - und dadurch eine kritische Masse an Unterstützung erreichen können. "Es könnte sehr anders ablaufen dieses Mal, denn wenn aus dem nun beschlossenen Prozess eine besonders hervorragende Person herauskommt, wird es, denke ich, sehr schwierig, ein Veto einzulegen", erklärte der dänische Politiker.

Auch in anderer Hinsicht könnte die nächste Generalsekretärs-Wahl Neuerungen bringen. Erstmals drängen etwa viele Staaten darauf, eine Frau an der Spitze der Weltorganisation zu sehen. Auch soll, der Regionen-Aufteilung innerhalb der UNO entsprechend, erstmals ein Vertreter eines osteuropäischen oder Kaukasus-Landes zum Zug kommen.

Heiß werden dürfte das Rennen ab dem Frühjahr. Im April verhandeln die UNO-Mitgliedsstaaten noch über einige bisher kontrovers diskutierte Forderungen - darunter den Vorschlag, das Amt des Generalsekretärs auf eine Amtszeit zu beschränken. Einige Länder fordern zudem, der Sicherheitsrat müsse der Generalversammlung drei statt bisher einen Kandidaten vorschlagen. Über diese Fragen werde es aber wohl nie Konsens geben, räumte Lykketoft ein. Zur Jahresmitte hin sollen sich die Kandidaten dann der Debatte in der Generalversammlung stellen. Danach tagt der Sicherheitsrat.

Unklar ist noch, wie die Vetomächte auf die Bemühungen reagieren, ihr Vorrecht bei der Auswahl des Generalsekretärs zu beschneiden. Setzt sich der Sicherheitsrat offen über die Wünsche der Mitgliedsstaaten hinweg, ist ein Showdown denkbar. Die Wahl des nächsten UNO-Chefs werde ein Balanceakt, sagte Lykketoft: "Theoretisch könnte die Generalversammlung auch jeden Kandidaten, jeden einzelnen Kandidaten des Sicherheitsrates ablehnen."

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