Ukraine: Saakaschwili soll Odessa reformieren

Petro Poroschenkos mit seinem Berater und Georgiens Ex-Präsident Michail Saakaschwili
Ukraine: Poroschenko macht Saakaschwili zum Regionalkaiser – ein Verzweiflungszug?

Odessa hat seine eigenen Regeln; Die Stadt ist reich, hat einen strategisch wichtigen Tiefseehafen – die gesamte Region hat ihre eigenen, bisweilen für Kiew gefährlichen Dynamiken. Michail Saakaschwili soll Ruhe schaffen in Kiews Sorgenregion. Aufräumen sozusagen. Ukraines Präsident Poroschenko machte seinen bisherigen Berater und Georgiens Ex-Präsidenten (2004-2013) zum Ukrainer und gleich darauf zum Gouverneur der Region.

Gouverneur

Bisher saß da einer im Gouverneurssessel, dessen Loyalität eher dem Oligarchen Igor Kolomoisky galt als der Regierung in Kiew. Kolomoisky war Gouverneur der Region Dnepropetrowsk – eher er es sich mit der Führung in Kiew im Streit um seinen Einfluss in Staatsbetrieben verscherzt hatte. Die Stadt Odessa wiederum regiert ein Bürgermeister, dessen Wortwahl zuweilen jener pro-russischer Milizionäre im Osten ähnelt.

Und dann ist da der Hafen: Eigentlich sollten Riesensummen in die Staatskasse fließen, unter der Hand verdienen aber lokale Grenz- und Zollbeamte und die Filiale des ukrainischen Geheimdienstes SBU und Politik mit. Dieser Geldadel ist die Unbekannte im ukrainisch-russischen Konflikt in der Region.

Im Mai vor einem Jahr waren Auseinandersetzungen zwischen pro-ukrainischen und pro-russischen Demonstranten in Straßenschlachten und Schießereien eskaliert. Tödlicher Höhepunkt: Der Brand im Gewerkschaftshaus mit 46 Toten.

In mehreren Wellen gab es in Odessa seither Explosionen. Mit seiner Nähe zu Transnistrien (Russland hat dort starke Truppenverbände) ist die Stadt für Kiew derzeit eine der verwundbarsten Regionen – vor allem, weil Korruption und undurchsichtige Allianzen die Staatsmacht unterminiert haben. Das geht soweit, dass Razzien des SBU gegen pro-russische Untergrundorganisationen in der Region von der Zentrale in Kiew geleitet werden – weil man in Kiew dem lokalen Büro in Odessa misstraut. Dasselbe gilt für die Polizei.

Georgischer Haftbefehl

Die Idee hinter Saakaschwilis Ernennung g ist klar: Als Präsident hatte er Georgien ohne Rücksicht auf Verluste Reformen verpasst, die das Land aber nachhaltig verändert und konsolidiert haben. Poroschenko will wohl dasselbe in Odessa sehen. Zuletzt aber – und da kommen die Schwierigkeiten ins Spiel, die die Person Saakaschwili mit sich bringt – hatte er sich konsequent den Ruf als machtgeiler, egozentrischer und eitler Sesselkleber erarbeitet. In Georgien gilt gegen ihn ein Haftbefehl wegen Betrugs, der Niederschlagung einer Demonstration und Amtsmissbrauchs. 2008 hatte er zudem den völlig realitätsfernen Befehl zur Einnahme Südossetiens gegeben – der dann in einen für Georgien desaströsen Krieg gegen Russland führte.

Moskau kostet Saakaschwilis Ernennung zum Regionalgouverneur entsprechend aus: "Wenn der Zirkus in die Stadt kommt... Arme Ukraine", twitterte Premier Medwedew. Letztlich lautet aber die einzig relevante Frage: Wird man ihn in Odessa ernst nehmen?

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