Dugin: Kreml-Freund mit krausen Visionen

Österreich aufzulösen ist nur eine der Ideen von Aleksandr Dugin.

Antiwestlich, erzkonservativ, ultraorthodox; er predigt den Untergang Europas und den Aufstieg Russlands – oder viel eher den Eurasiens unter russischer Oberhand: Aleksandr Dugin. Ob er Einflüsterer von Russlands Präsident Wladimir Putin ist oder nicht, ist umstritten. Er hat gute Beziehungen, so viel ist klar. Ebenso, wie er zu Putin steht: Gegner Putins nannte er „psychisch anormal“. Für das, was Russland derzeit in der Ukraine treibt, liefert er ideologische Rechtfertigungen, wenn nicht die philosophische Anleitung. Er hat Visionen und Ideen. Und in diesen, wie er in einem Interview mit dem ungarischen Internetportal Alfahir, das der rechtsextremen Partei Jobbik nahesteht, ausführt, hat Österreich keinen Platz. Österreich solle aufgelöst werden.

„Ein Reich entsteht gegen den Westen“, so der Titel des Interviews – in dem Dugin ausführt, wie er die Welt aufteilen würde: Neue Großreiche wären das mittelfristige Ziel. Die Ära der Nationalstaaten sei vorüber. Österreich, Ungarn, Rumänien, Serbien und die Slowakei sollten sich vereinigen. All das unter dem Namen „Mächtiges Osteuropa“ – sozusagen als Puffer zwischen Europas Großmächten Russland und Deutschland auf einer tripolaren Welt mit den USA als dritte Weltmacht.

„Neurussland“

Wäre Dugin ein Niemand, würden diese Theorien wohl in den finstersten Ecken des Internets versauern. Aber Dugin ist kein Niemand. Die Worte des Autors und Soziologen finden Gehör in Russland – und nicht nur dort. Er war es, der den Begriff „Neurussland“ wiederbelebte. Das ist jener selbst ernannte Pseudo-Staat in der Ostukraine, für den russische Ultranationalisten willig ihr Leben lassen. Auch Putin spricht bereits von Neurussland, wenn er Separatistengebiete in der Ostukraine meint. Dugins Buch „Grundlagen der Geopolitik“ ist in Russland Pflichtlektüre für angehende Generalstabsoffiziere.

Dugin ist auch in Österreich kein Unbekannter. Anfang Juni war er Teilnehmer einer geheimen Konferenz in Wien, an der die Front-National-Nachwuchs-Politikerin Marion Le Pen, Österreichs FP-Chef Strache und auch Vertreter der neuen griechischen Regierungspartei Syriza teilgenommen haben sollen. Dugin kam als Vertreter Russlands, um seine „eurasischen Idee“ darzulegen.

Dugin lässt diese gern durch wohlgesonnene Parteien weitertragen. Während die heimische FP derlei Pläne nicht kommentiert – ob Strache bei dem Treffen in Wien dabei war, hat die Partei weder bejaht noch verneint –, ist die ungarische Jobbik williges Sprachrohr für seine eurasischen Visionen.

Die Idee ist nicht neu – sie ist Ausdruck dessen, was Dugin mit seiner „Eurasischen Bewegung“ in Russland propagiert: ein Reich, das sich von Asien bis Europa spannt. Mitglieder seines Kreises sind Berater Putins. „Wir müssen Europa erobern und anschließen“, ist ein vielzitierter Sager Dugins. Er betont, Europa zu lieben. Zugleich sagte er in einem Interview mit dem Spiegel: Er sehe, wie Europa sterbe. In Russland finde er heute mehr Spuren Europas als in Europa selbst.

Vom heutigen Europa jedenfalls drohe Unheil, so Dugin: Der „alles verschlingende Westen“ würde mit seiner Vorliebe für Homosexualität die Menschheit in den Abgrund ziehen. Eine Formulierung übrigens, die auch der Kreml gerne verwendet.

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