Reichste Russin rechnet mit dem Kreml ab

Milliardärin Baturina kritisiert Russlands Wirtschaftspolitik. Die Sanktionen seien nicht schuld an der Misere
Die Freunderlwirtschaft des Kreml, nicht die westlichen Sanktionen sind schuld an Russlands Wirtschafsmisere

Jelena Baturina ist die einzige Milliardärin Russlands, lebt aber längst im Ausland. Vor allem in Tirol, im Raum Kitzbühel, sowie in London genießt die heute 52-jährige medienscheue Unternehmerin ihr Leben. In ihrem ersten großen Interview seit dem Sturz ihres einst mächtigen Ehemannes Jurij Luschkow als Moskauer Bürgermeister 2010 rechnet sie jetzt ab.Im Spiegel-Interview übt sie scharfe Kritik an der Wirtschaftspolitik von Kremlchef Wladimir Putin und seinem Polit-Zögling, Premier Dmitrij Medwedew.

Rücktritt von Medwedew gefordert

"Was Medwedew betrifft: Ich verstehe nicht, warum der noch immer Premierminister sein darf – so miserabel, wie es um unsere Wirtschaft bestellt ist", sagt Baturina. "Dass angeblich die niedrigen Ölpreise und die westlichen Sanktionen wegen des Ukrainekonflikts an allem schuld sind, ist doch Unfug. Russland geht es schlecht, weil unsere Wirtschaftspolitik auf der Stelle tritt. Wir ruhen uns schon viel zu lange auf den hohen Ölpreisen aus." Die Sanktionen treffen ihrer Meinung nach vor allem Privatunternehmen und kleine Unternehmen, die sich nicht auf die Hilfe des Kreml stützen könnten.

Die Wirtschaft brauche gute Rahmenbedingungen, dann kämen auch Investoren nach Russland. "Wer aber Hürden aufbaut und nur seinen Freunden Aufträge zuschanzt, wie das heute der Fall ist, vertreibt das Kapital aus dem Land."

"Krim war, ist und bleibt russisch"

Die Annexion der Krim durch Russland verteidigt die Magnatin aber: "Ich bin Russin, und für uns Russen war, ist und bleibt die Krim russisch." Damit konfrontiert, dass die Annexion der Krim gegen das Völkerrecht verstoße, dreht sie den Spieß um: "Europa hat sich bei der Abspaltung des Kosovo von Serbien auch nicht um das Völkerrecht geschert", sagt Baturina.

Auch an Russlands Rechtssystem übt die erfolgreiche Unternehmerin Kritik: "Solange mein Mann Oberbürgermeister war, haben wir in allen Gerichtsverhandlungen gewonnen, nach seinem Rücktritt fingen wir an zu verlieren. So ist das wohl mit dem russischen Rechtssystem." Und Baturina schießt noch einmal verbal gegen Medwedew: "Mein Mann hat Medwedew die Unterstützung für eine zweite Amtszeit verweigert. Dafür rächte sich Medwedew, indem er meinen Mann entmachtete. So banal sind die Dinge gewesen."

Sie selbst verwehrt sich sowohl gegen Korruptionsvorwürfe, als auch gegen die Bezichtigung, sie habe ihr Milliardenvermögen nur der Ehe mit Luschkow zu verdanken. Sie habe eben "eine Reihe richtiger Entscheidungen getroffen" und "Glück gehabt".

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