BND soll für USA europäische Firmen ausgehorcht haben

Der BND soll für den US-Geheimdienst NSA gezielt die Kommunikation europäischer Unternehmen und Politiker ausgehorcht haben.
Der deutscher NSA-Ausschuss kooperiert nun mit Bundesanwaltschaft, um Aufklärungsarbeit zu leisten.

Eine neue Spionage-Affäre kommt ans Licht: Diesmal steht der deutsche Bundesnachrichtendienst im Mittelpunkt. Am Donnerstag war bekannt geworden, dass der BND für den US-Geheimdienst NSA gezielt die Kommunikation europäischer Unternehmen und Politiker ausgehorcht haben soll. Der NSA-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags will jetzt eng mit der Bundesanwaltschaft zusammenarbeiten, um Aufklärungsarbeit zu leisten.

Der Generalbundesanwalt habe Akteneinsicht in die Protokolle des Untersuchungsausschusses erbeten, sagte dessen Vorsitzender Patrick Sensburg am Freitag im ARD-Morgenmagazin. "Wir werden ihm das natürlich gewähren, weil wir ein gemeinsames Interesse haben, die Sachverhalte aufzuklären." Sensburg sagte in dem Interview, der Generalbundesanwalt sei in die Affäre eingeschaltet: "Der Generalbundesanwalt ermittelt." Dies wurde jedoch von der Bundesanwaltschaft umgehend dementiert.

Eine Sprecherin sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Behörde habe aufgrund von Medienberichten über Aktivitäten britischer und US-amerikanischer Nachrichtendienste in Deutschland im Juni 2013 einen "Prüfvorgang" angelegt. "Mit Blick auf eine umfassende Sachverhaltsaufklärung beabsichtigt sie, im Rahmen dieses Prüfvorgangs auch die Erkenntnisse des Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages einzubeziehen." Die Sprecherin betonte zugleich: "Ein Zusammenhang zu den aktuell gegen den Bundesnachrichtendienst erhobenen Vorwürfen besteht nicht."

Auch Rüstungskonzerne betroffen

Von der Spionage sollen unter anderem der Rüstungskonzern EADS, der Hubschrauberhersteller Eurocopter und französische Behörden betroffen sein. Die Bundesregierung forderte vom BND volle Aufklärung. Bei dem Dienst seien "technische und organisatorische Defizite" ausgemacht worden, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. "Das Bundeskanzleramt hat unverzüglich Weisung erteilt, diese zu beheben."

Der NSA-Untersuchungsausschuss werde Zeugen aus der entsprechenden BND-Abteilung vernehmen, kündigte der Vorsitzende Sensburg an. "Ich denke, wir werden auch Licht in diesen Themenkomplex bekommen." Der Ausschuss werde auch ermitteln, ob Mitarbeiter die Informationen über den Einsatz unzulässiger Suchkriterien (Selektoren) möglicherweise nicht an die BND-Spitze weitergegeben haben. "Hat es da möglicherweise Organisationsverschulden gegeben?", fragte Sensburg. Man müsse sich schon wundern, wenn über mehrere Jahre diese unzulässigen Selektoren "eingesteuert" wurden, "dass man da nicht mal die Reißleine zieht und sagt: So geht das nicht".

Empörung im Bundestag

Nach Informationen des Spiegel lieferte die NSA über Jahre hinweg sogenannte Selektoren an den BND. Dabei handelte es sich unter anderem um Handynummern oder Internet-IP-Adressen, die dann vom BND zur Überwachung in verschiedenen Weltregionen eingespeist worden seien. "Jetzt ist endgültig eine Grenze überschritten. Die deutsche Bundeskanzlerin muss erklären, was Sache ist", sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Konstantin von Notz, der Leipziger Volkszeitung (Freitagsausgabe). Er könne es sich "kaum vorstellen, dass das mit der Kontrolle beauftragte Kanzleramt bis vor kurzem von dieser jüngsten Entwicklung keine Ahnung hatte".

Linken-Fraktionschef Gregor Gysi bezeichnete es am Donnerstag als "einzigartigen Skandal", dass der BND und die NSA in Europa mehr als 40.000 Mal rechtswidrige Abhöraktionen betrieben hätten. Gysi forderte ein Ende der Zusammenarbeit und ein Ende des "Duckmäusertums gegenüber der US-Administration".

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