Polens Katzenjammer nach CIA-Bericht

Ermittlungen: Warschau ließ CIA auf Militärfriedhof Gefangene foltern, aber zu welchem Preis?

In Polen bleibt nach der Veröffentlichung des US-Senats zu den Folterungen der CIA vieles offen. Vor allem eine Frage wird immer wieder gestellt: War es das wert?

Auf einem kleinen Militärfriedhof in Nordpolen sind mutmaßliche Terroristen um den Anschlag auf das World Trade Center zwischen 2002 bis vermutlich 2004 vom US-Geheimdienst CIA verhört und gefoltert worden. In anderen europäischen Ländern, so etwa in Rumänien und im Kosovo, gab es wahrscheinlich auch sogenannte "Black Sites". Für Polen ist die Beweislage am klarsten. Vor allem, da der ehemalige Staatspräsident Aleksander Kwasniewski dieser Tage zugegeben hat, den Amerikanern die Nutzung einer geheimen Einrichtung erlaubt zu haben. Allerdings bereue er, dass die CIA ein polnisches Memorandum nicht unterschrieben hätte, Verdächtige wie Kriegsgefangene zu behandeln. Von Folter habe Kwasniewski aber nichts gewusst, betonte er.

Mehr wissen könnte Zbigniew Siemiatkowski, damals Chef des polnischen Auslandsdienstes AW. Dieser kooperierte mit der CIA von 2002 bis 2005 im Kampf gegen den Terror, mehr will Siemiatkowski nicht verraten – "Geheimhaltungspflicht". Gegen ihn hat die Krakauer Staatsanwaltschaft schon 2012 wegen "Freiheitsberaubung und der Anwendung von Körperstrafen gegenüber Kriegsgefangenen" Anklage erhoben. Möglich wurde das, nachdem der AW der Staatsanwaltschaft Dokumente über die Zusammenarbeit mit der CIA übermittelt hatte. Näheres ist nicht bekannt.

"Große Scherereien"

Die Staatsanwaltschaft von Krakau bemüht sich derzeit, den vollständigen, mehr als 6000 Seiten starken Senatsbericht von den USA zu bekommen. Die Briten wollen übrigens auch Einsicht in den geheimen Teil des Berichts nehmen. Zumindest die Erfolgsaussichten der Polen scheinen jedoch gering. Außenminister Gregorz Schetyna erklärte, dass die Staatsanwaltschaft bislang "große Scherereien" bei der Zusammenarbeit mit der amerikanischen Seite erlebte. Die Ermittlungen gegen Siemiatkowski, der als Vertrauter von Kwasniewski gilt, könnten somit ergebnislos verlaufen. Dennoch ist Polen das einzige Land, in dem ein Ermittlungsverfahren zu den CIA-Praktiken läuft.

Ungeklärt ist auch, wofür der AW 30 Millionen Dollar von der CIA erhalten hat, von denen die Gazeta Wyborcza berichtet. Die Washington Post hatte im Jänner 15 Millionen ermittelt. Dem US-Senatsbericht zufolge hat Polen nach Erhalt der Summe "elastischer" reagiert, was die Aufnahme von Häftlingen angeht. Polnische Geheimdienstler erklären hingegen, das Geld sei für Operationen im Nahen Osten nötig gewesen. Kritiker fürchten, dass Polen den Ruf einer "Bananenrepublik" bekomme. Außenminister Schetyna sagte im TV-Kanal TVN24: "Polen gebührt Schmerzensgeld."

An an einer zu lauten Diskussion ist die konservativ-liberale Regierung Polens aber nicht interessiert. Denn angesichts der Ukraine-Krise ist man um einen guten Draht nach Washington bemüht.

Polens Katzenjammer nach CIA-Bericht

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