Briten könnten von Folter gewusst haben
Haben britische Agenten von den Folterpraktiken der CIA gewusst oder nicht? Über diese Frage ist ein Streit in Großbritannien entbrannt. Am Donnerstag hatte die Downing Street eingeräumt, dass es Kontakte zwischen den britischen und den US-Geheimdiensten vor der Veröffentlichung der Zusammenfassung des CIA-Berichts gegeben hatte. Laut Guardian könnten die britischen Geheimdienste die USA darum gebeten haben, Hinweise auf britische Spione in dem Senatsbericht herauszustreichen. Offiziell wurde das dementiert. Abgeordnete und Juristen forderten deshalb am Freitag eine umfassende Untersuchung.
Der frühere Chef des britischen Militärgeheimdienstes, Lord Alan West, hatte im Gespräch mit der BBC eingeräumt, dass britische Agenten von Folterungen durch ihre US-Kollegen gewusst haben könnten, auch wenn sie nicht direkt daran beteiligt gewesen seien. Die Regierung habe gegenüber ihren Leuten klar gemacht, dass sie sich nicht in Folter hineinziehen lassen dürfen. "Wenn Du Agent bist und in einem fremden Land eingeschleust, dann mag es manchmal ziemlich schwierig gewesen sein, sich herauszuhalten", sagte West dem Sender. Er war in der Regierung von Premierminister Gordon Brown bis 2010 als Unterstaatssekretär für Terrorbekämpfung zuständig.
Britische Unterstützung schon 2003 bekannt
Schon kurz nach der US-Invasion im Irak 2003 war bekannt geworden, dass der britische Auslandsgeheimdienst MI-6 die CIA beim Transport von gefangenen Terrorverdächtigen unterstützte. Diego Garcia, das britische Übersee-Territorium im Indischen Ozean, auf dem sich ohnehin ein US-Militärstützpunkt befindet, wurde von der CIA außerdem als Geheimgefängnis für die „feindlichen Kämpfer“ genützt. Erste Berichte über Folterungen von angeblichen El-Kaida-Terroristen tauchten auf.
Brennan vor der Presse
Am Donnerstag stelle sich CIA-Chef John Brennan der Presse, Anlass war ebenso der kürzlich präsentierte Senatsbericht zu den Verhörmethoden seiner Behörde nach 9/11. Nach den Anschlägen auf das World Trade Center waren Taktiken wie Waterboarding, Schlafentzug oder „rektale Hydration“, wie es im CIA-Sprech heißt, an der Tagesordnung. Der Geheimdienst nannte dies "erweiterte Verhörmethoden" – Senatorin Dianne Feinstein, für den Report verantwortlich, bezeichnete es schlicht als „Folter“.
Nichts Strafwürdiges
Dieses Wort nahm John Brennan allerdings am Donnerstag vor der Presse nie in den Mund. Zwar räumte er ein, dass seine Behörde Fehler gemacht habe, dass die Verhöre „harsch“ gewesen seien – Folter aber, ein strafbarer Tatbestand, habe man keine eingesetzt. Denn strafwürdig, das hätte eine Untersuchung des Justizministeriums ergeben, sei keines der Verhöre gewesen.
Dass Agenten ihre Befugnisse überschritten hätten, sei natürlich „bedauerlich", und ihr Vorgehen sei zum Teil "abstoßend", sagte Brennan im CIA-Hauptquartier in Langley. Aber es habe sich nur um Einzelfälle gehandelt, fügte er noch hinzu. "Wir sind keine perfekte Institution.“
Twitter-Kritik
Den Vorwurf, dass die angewandten Methoden eigentlich nutzlos waren, der CIA auch anders an relevante Informationen hätte kommen können, wollte Brennan aber nicht gelten lassen. Das sei „unknowable“, sagte Brennan im besten Geheimdienstjargon – man könne nicht sagen, ob die Inhaftierten in den geheimen CIA-Gefangenen ihre Informationen womöglich auch ohne Folter preisgegeben hätten.
Dem widersprach – und zwar in Echtzeit – Senatorin Feinstein: Noch während Brennan vor der Presse seine Sicht darlegte, twitterte die Politikerin ihre konträre Meinung. So schrieb sie auch, dass die Verhörmethoden nicht zu Osama Bin Laden geführt hätten, wie oft und gern von CIA und Republikanern behauptet.
Viele Passagen im Folterbericht der CIA sind geschwärzt – Namen jener, die die Taten begangen haben sollen, lesen sich in dem Report nicht. Nun mehren sich die Hinweise darauf, dass auch Hinweise auf ausländische Geheimdienste gestrichen wurden: Wie der Guardian berichtet, wurden etliche Stellen auf Wunsch des britischen Geheimdienstes unkenntlich gemacht. Das gab die britische Regierung jetzt zu, obwohl sie entsprechende Anschuldigungen zuvor von sich gewiesen hatte.
Dass britische Agenten in den Folterskandal verwickelt sein könnten, wies man aber zurück. Geschwärzt worden seien nur jene Passagen, die die nationale Sicherheit Großbritanniens hätten bedrohen können: "So hätten wir das auch mit jedem anderen Bericht gemacht", so Premier Cameron. Im Raum steht aber der Vorwurf der Mitwisserschaft. Vize-Premier Nick Clegg will, dass dies untersucht werde: "Wie jeder andere will ich die Wahrheit wissen", meinte er.
Trittin für Strafverfolgung
In Deutschland spricht sich indes Grünen-Politiker Trittin dafür aus, dass Konsequenzen aus dem US-Folterbericht folgen müssten - Mittäter aus Europa müssten hier strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen werden, berichtet der Spiegel. US-Geheimgefängnisse soll es in Osteuropa gegeben haben. "Dass es offensichtlich Geheimgefängnisse in Polen, Litauen und Rumänien gab, kann nicht ohne juristische Folgen bleiben", so der Grünen-Politiker.
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