Geheimdienstfehde an heikler Grenze
Eines scheint klar: Eston Kohver, der Beamte des estnischen Inlandsgeheimdienst, der seit vergangenem September in einem russischen Gefängnis einsitzt, erwartet ein hartes Urteil. Am 19. August fällt in Pskov der Richterspruch. Die dortige Staatsanwaltschaft hat 16 Jahre Haft beantragt.
Warnung aus Russland
Nach Angaben der estnischen Zeitung Postimees ist Kohver im vergangenen Jahr einer Gruppe von Mitgliedern des FSB und Kriminellen auf der Spur gewesen, die Grenzschmuggel von der russischen Oblast Pskov betrieben habe. Im Frühling 2014 hätte Kohver dann von russischer Seite eine Verwarnung erhalten: Einem FSB-Leiter sei die Tätigkeit Kohvers auf "die Nerven gegangen", da dieser über einen Informanten Namen von hohen russischen Beamte bekommen habe, die im Schmuggel involviert seien.
Die Zeitung beruft sich dabei auf Andrew Kusytschkin, einen ehemaligen Amtsleiter aus Russland, der sein Land aus politischen Gründen verlassen hat.
Isolationshaft
Die Prozessverhandlungen, die Ende Juli begonnen haben, liefen unter strenger Kontrolle der Behörden. Richterin Julia Ulanova schloss die Öffentlichkeit aus. Der 44-jährige Familienvater harrt in Isolationshaft aus, Zeugen sind unbekannt.
Jevgeni Aksjonov, der russische Verteidiger, nennt die Verhandlung einen "Schauprozsess". Die Russische Föderation demonstriere ihre Macht gegenüber Estland, der ehemaligen Sowjetrepublik, die heute der EU und auch der NATO angehört. Beide Institutionen haben sich mit Protesten bislang zurückgehalten. Auch ist das kleinste baltische Land, im Gegensatz zu Litauen, um einen moderateren Ton gegenüber dem Kreml bemüht. Dennoch betonen estnische Politiker bei innen- wie außenpolitischen Anlässen, dass die Festsetzung Kohvers "gegen internationales Recht verstößt".
Symbolwert
Kohvers Haft hat durchaus Symbolwert. Der estnische Geheimdienst-Mitarbeiter wurde für seine Erfolge im Kampf gegen die Grenzkriminalität bereits 2010 vom estnischen Präsidenten Toomas H. Ilves ausgezeichnet. Zudem erfolgte Kohvers Verhaftung kurz nach dem Staatsbesuch des amerikanischen Präsidenten Barack Obama im vergangenen September.
US-Beistandsgarantie
"Estland wird niemals alleine dastehen", so das Versprechen von Barack Obama in Tallinn am 3. September 2014. Esten wie Russen werden nun genau darauf schauen, welche Signale nach dem Richterspruch vom Westen ausgehen. Und ihre Schlüsse daraus ziehen.
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