Brenner als Nadelöhr für Flüchtlinge
Auf der Piazza Walther, dem "salotto" – Wohnzimmer – von Bozen, genießen die Gäste in den Cafés die Frühlingssonne, trinken Cappuccino und lesen Zeitung. "Die Bagger am Brenner: Was kommt auf uns zu?", titelt das deutschsprachige Lokalblatt Dolomiten. "Ich will mir gar nicht vorstellen, was diese Schließung für Auswirkungen auf Tourismus und Wirtschaft haben wird", schüttelt eine elegante Signora den Kopf über "Österreichs Egoismus". "Die Politiker haben nichts gelernt. Durch Schließen von Grenzen verlagert sich nur das Problem, wird aber nicht gelöst", mischt sich ein älterer Herr ins Gespräch ein.
Hoteliers fürchten durch Staus und Probleme am Brenner Einbrüche im Tourismus, einem zentralen Wirtschaftsfaktor in Südtirol. Der Brenner ist einer der wichtigsten Grenzübergänge an der Nord-Süd-Achse, den jährlich zehn Millionen Fahrzeuge passieren.
Notfallplan
Der Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher arbeitet seit Wochen an einem Notfallplan zur Unterbringung von Flüchtlingen. "Vor allem aber muss sich Europa bemühen, die Ursachen für die Flucht in den Herkunftsländern zu bekämpfen. Schengen ist eine Errungenschaft, die man nicht leichtfertig aufs Spiel setzen sollte", appelliert Kompatscher an offene Grenzen.
Der "Ärzte ohne Grenzen"-Chef in Italien, Loris De Filippi, warnt ebenfalls vor einer Schließung des Brenners: "Die Gefahr ist, dass Italien und Griechenland zu einem riesigen Flüchtlingslager werden. Europa kann nicht Italien, Griechenland und der Türkei die ganze Verantwortung für den Umgang mit der Flüchtlingskrise überlassen."
Dieser Anstieg hat noch nichts mit der geschlossenen Balkanroute zu tun. "Die Menschen kommen hauptsächlich aus Nigeria, Westafrika Somalia und Eritrea", sagt Flavio Di Giacomo von der Internationalen Organisation für Migration.
Doch auch Kriegsflüchtlinge aus Syrien werden demnächst erneut über Italien in die EU reisen. Einer der möglichen Fluchtwege ist die Adria-Überfahrt von Albanien Richtung Apulien. Die andere Fluchtroute über Libyen wurde im Jahr 2014 von Tausenden Syrern genutzt – ehe sie auf die Balkanroute ausgewichen waren.
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