St. Pölten "Rockcity"

Wen interessiert schon das EM-Finale. Es gibt einen viel besseren Anlass zur Freude, denn morgen wird St. Pölten 30! St. Pölten und ich, wir sind ja beide Generation Y. Laut Wikipedia bedeutet das, „digital natives“ zu sein, die „anstelle von Status und Prestige die Freude an der Arbeit sowie die Sinnsuche ins Zentrum“ rückten. Tja, liebe „St.P-Rockcity“, Status und Prestige sind Dir tatsächlich herzlich egal, doch mit Sinnsuche kennst Du Dich aus. Du bist ja jene Landeshauptstadt, die der gemeine Österreicher nur vom Durchfahren kennt. Wenn ein Fernzug an Deinem Bahnhof hält, gehen die Passagiere auf die Toilette. Passiert ein Autofahrer Deine Stadtgrenzen, blickt er auf die Tankuhr.

Bereits Aelium Caetium (das St.P der Römer) war eine zivile Versorgungsstätte, von der aus man in einem Tagesmarsch die Grenzstädte an der Donau erreichte. Kaum verwunderlich, dass eine Stadt, deren Wesen darin bestand, jene Stadt zu sein, von welcher aus man leicht wohin anders gelangt, eine feiste Identitätskrise hat. Vor dreißig Jahren warb man für Dich mit dem Slogan: „Ein Land ohne Hauptstadt ist wie ein Gulasch ohne Saft.“ Aber Du bist mehr als der Gulaschsaft, Du bist jetzt groß! 30 ist das neue 20, also müssen Deine Bürgersteige nicht mehr um 18:00 schlafen gehen, Du darfst sogar mit Fremden sprechen, wenn die wilden Partypeople aus ganz Europa zu den Festivals strömen. Den Pubertätswimmerln entronnen, bist Du eine strahlende Schönheit geworden und jetzt, wo Du das Flirten gelernt hast, ziehen sogar lässige Menschen von überall her in Deine Hood! Du bist die Generation-Y der Landeshauptstädte, Du bist das neue Hipster-Town von Österreich.

Und wer’s nicht glaubt, der möge St.P nicht nur passieren, sondern anhalten und sich bei Craft Beer oder Matcha Tee davon überzeugen, wie lässig St. Pölten erwachsen wird. vea.kaiser@kurier.at