Camille Pissarro: Paris, Kathedrale
Nachdem das Kunstmuseum Bern am vergangenen Donnerstag die Werklisten der Kunstsammlung des verstorbenen Cornelius Gurlitt ins Netz stellte, kann sich endlich eine breitere Öffentlichkeit ein Bild von dem sagenumwobenen "Schatz" machen, den der eigenbrötlerische Mann in seiner Wohnung in München-Schwabing und seinem Haus in Salzburg hortete.
Experten für Provenienzforschung prüfen die Listen besonders genau - und ein Bild aus dem Salzburger Bestand erweckte rasch Aufsehen: " Paris, Kathedrale", ein Gemälde des Impressionisten Camille Pissarro von 1902, wurde laut einem Bericht der New York Times von einer nicht näher genannten jüdischen Organisation als Raubkunst erkannt. Auch im Kunstmuseum Bern wusste man bereits von der problematischen Provenienz.
Das Bild illustriert dabei sehr anschaulich die bewegte Geschichte der Gurlitt-Sammlung - und es könnte auch ein Beispielfall dafür sein, wie die Aufarbeitung von Raubkunst dank vernetzter Datenbanken und Experten-Gremien funktionieren kann. Denn über das Bild ist einiges bekannt: Es ist in der Datenbank zum Kunstraub durch den so genannten "Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg" gelistet. Diese NS-Abteilung organisierte ab 1940 den Raub von Wertgegenständen im okkupierten Frankreich, vorrangig von jüdischen Besitzern.
Statt zu den "Monuments Men" zu Gurlitt
Das Pissarro-Gemälde gehörte nach Angaben der Datenbank einst einer Frau " P. Heilbronn", die am Place de l'Alma Nr.1, unweit des Pariser Eiffelturms, wohnte. Dort wurde es 1941 beschlagnahmt. Katalogisiert wurde es - wie viel anderes Nazi-Raubgut aus Paris - im Museum "Jeu de Paume".George Clooneys Film "Monuments Men"widmete den Vorgängen in diesem Museum breiten Raum - und würdigte auch die dort tätige ArchivarinRose Valland, die ihre Aufzeichnungen nicht nur an die mit der Wiederauffindung der Kulturgüter betrauten US-Truppe weitergab, sondern auch Grundlagen für die Provenienzforschung heute lieferte.
Viele der NS-Raubgüter aus Paris kamen später in von den Nazis angelegte Lager, u.a. in Altaussee. Das Pissarro-Bild wurde aber bereits 1942 gegen ein anderes getauscht - und kam so wohl in den Besitz von Hildebrand Gurlitt, dem Kunsthändler und Vater von Cornelius Gurlitt.
Weitere Details erforscht die "Task Force", die nun mit der Aufarbeitung des Gurlitt-Erbes betraut ist. Zusätzlich zur Erforschung der Geschichte des Werks gilt es herauszufinden, ob die besagte "P. Heilbronn" Nachfahren hatte, die nun anspruchsberechtigt sind. Matthias Frehner, Direktor des Kunstmuseums Bern, versprach jedenfalls, es würden alle Schritte unternommen, um eine baldige Restitution zu ermöglichen.
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