Wie man es macht, ist es falsch: Was von Essl übrig blieb

"Waste of Money" von Peter Kennard und Cat Phillipps.
Georg Leyrer

Georg Leyrer

Kein Wunder, dass so wenig in Kunst investiert wird.

von Georg Leyrer

über den Nachgeschmack der Diskussion um Essls Kunstsammlung.

Die Diskussion um den Dann-Doch-Nicht-Ankauf der Sammlung Essl hat vielerlei Arten an Nachgeschmack hinterlassen. Die am längsten nachwirkende Geschmacksnote: Die Verbindung von privatem Geld und Kunst ist immer noch eine heikle. So lebensnotwendig diese Verbindung für das Bestehen von vielen Kulturinstitutionen und Künstlern ist, so verfahren bleibt sie, auch nach jahrelanger Diskussion über die Aufwertung von Sponsoren und die Absetzbarkeit privater Spenden für Kultureinrichtungen.

Abgesehen davon, wie man jetzt zum Ankauf der Kunstsammlung durch die Republik gestanden ist (ich war aus verschiedenen Gründen dafür), wurde deutlich: Dem Sammler Karlheinz Essl wurde im Verlauf der Diskussion all das vorgeworfen, was sonst als erstrebenswerte Verbindung von privatem Geld und Kultur gilt.

Weniger privat und weniger Staat

So wurde etwa kritisiert, dass Essl beim Aufbau seiner Sammlung und für den Betrieb seines Museums Steuererleichterungen bekommen hat - dies wurde wiederholt als Argument gegen einen Ankauf ins Spiel gebracht, vor allem von der Öffentlichkeit. Ebendiese Öffentlichkeit kritisiert aber auch die Höhe - oftmals überhaupt die Existenz - der öffentlichen Subvention für Kunst und Kultur: Was öffentlich gefördert werden muss, so die Mär, hat eben kein Publikum und soll ruhig untergehen.

Nun sind aber eben diese Steuererleichterungen für Investitionen in die Kultur ein bei anderer Gelegenheit viel gepriesenes Mittel, um die öffentliche Subvention gering zu halten: Je mehr privates Geld die Kulturinstitutionen aufstellen, desto besser für die öffentliche Hand (die dann weniger ausgibt). Nur: Dort, wo die private Kulturförderung in großem Ausmaß stattfindet, etwa in den USA, gibt es naturgemäß genau jene steuerlichen Anreize für Mäzene, die in Österreich plötzlich kristisiert wurden. Die österreichische Diskussion laviert sich hier zwischen zwei Positionen durch, die miteinander nicht vereinbar sind.

Geschmacksfragen

Ebenfalls wurde kritisiert, dass Essl Sammlung von dessen persönlichem Geschmack geprägt wurde - was vor allem die Museumsdirektoren ins Spiel brachten. Eine persönliche Leidenschaft für bestimmte Ausformungen von Kunst wird hier als Gegensatz zum wissenschaftlich-objektiven Sammeln der Museen gebracht. Die Wahrheit könnte nicht weiter weg sein: Zuallererst gibt es bei den Bundesmuseen derzeit weder "objektives" noch "subjektives" Sammeln, sondern so gut wie gar keines. Denn die Ankaufsbudgets sind beschämend niedrig, die Republik verzichtet derzeit weitestgehend darauf, zeitgenössische Kunst oder wichtige Ergänzungen zu den Bundessammlungen in nennenswertem Ausmaß zu erwerben.

Darüber hinaus sind die Bundessammlungen, aber auch die Ausstellungstätigkeiten in den Museen natürlich alles andere als wissenschaftlich gewachsen: Die Bundesmuseen gingen aus den Privatsammlungen der Habsburger, der Stiftung Ludwig, einem ehemaligen Industriemuseum hervor - hier wurde zu Anbeginn keineswegs wissenschaftlich gesammelt. Und viele der aktuellen Sonderausstellungen sind entweder aus dem Publikumsgeschmack oder aus den persönlichen Interessen von Direktoren und Kuratoren geboren.

Eines hat die Diskussion um die Lücken und Vorlieben in Essls Sammlung, die gegen den Ankauf stehen, jedenfalls gebracht: nämlich nichts. Die Republik hat weder die Sammlung gekauft, noch gibt es eine Aussicht darauf, dass sich die Ankaufsbudgets der Museen bald essentiell ausweiten werden.

Ein Frevel: Geld verdienen mit Kunst

Und nicht zuletzt wurde Essl auch vorgeworfen, Geld nicht nur für Kunst ausgegeben, sondern auch mit dieser verdient zu haben. Es gebe einen Sammlerclub. dem Essl Werke mit Wertzuwachsgarantie angeboten hat, hieß es in einem Medienbericht.

Kein Wunder

Nimmt man das alles zusammen und auch noch ernst, darf ein Sammler also hierzulande Kunst nur kaufen, nicht verkaufen (aber auch wiederum keine schwachen Werke in der Sammlung belassen); darf sein Geld nicht in Werke stecken, die ihm persönlich gefallen, und muss auch wichtige Werke kaufen, die er nicht mag; und der Staat darf dafür keinerlei Anreize geben, soll aber selbst Kunst und Kultur auch am besten gar nicht fördern.

Da bleibt dann ein weiterer Nachgeschmack, nein, eine Gewissheit: Es ist kein Wunder, dass private Geldgeber in Österreich nicht viel Anlass dazu sehen, Geld in Kunst und Kultur zu stecken.

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