Klaus Nüchtern mit Staatspreis geehrt

Klaus Nüchtern mit Staatspreis geehrt
Klaus Nüchtern, Kultur-Ressortleiter der Wiener Stadtzeitung Falter, wurde am Dienstag mit dem Staatspreis für Literaturkritik ausgezeichnet.

Klaus Nüchtern, Kulturjournalist, Literaturkritiker, stellvertretender Chefredakteur und Kultur-Ressortleiter der Wiener Stadtzeitung Falter, ist heute, Dienstag, mit dem österreichischen Staatspreis für Literaturkritik 2011 ausgezeichnet worden. Sektionschefin Andrea Eckert, die den Preis im Kulturministerium überreichte, würdigte Nüchtern als überaus vielseitigen Journalisten, der nicht nur Rezensent, sondern etwa auch wortgewaltiger Kolumnist oder aufmerksamer Beobachter sei. Auch Nüchtern räumte ein, dass "die klassische Buchbesprechung gemeinhin nicht als die Königsdisziplin unter den journalistischen Gattungen" gelte. Nichtsdestotrotz gestaltete sich die Feierstunde als überaus anregend.

Das war nicht nur der musikalischen Umrahmung durch Oskar Aichinger und Franz Koglmann zu verdanken, die Stücke von Burt Bacharach zum Besten gaben, sondern vor allem Daniela Strigls pointierter "Lobrede auf Klaus Nüchtern in sieben rhetorischen Figuren". Strigl, selbst Staatspreisträgerin des Jahres 2001, nannte Nüchtern einen "Gärtner aus Liebe", der im Gärtlein der Literatur konstante "Pflanz-, Jät- und Bewässerungsversuche" unternehme. "Klaus Nüchtern kann sich ereifern, vor allem aber: er kann sich begeistern. Ein guter Kritiker ist ja nicht an seiner Virtuosität beim Verreißen zu erkennen, sondern daran, ob er zu loben versteht."

Das verstand auch Strigl, die auf die Vorliebe des Staatspreisträgers für angelsächsische Erzählliteratur ebenso hinwies wie auf seine Verehrung für den Niederländer A. F. Th. van der Heiden oder den Wiener Andreas Okopenko, auf seine oft mit Meisterschaft komponierten Titel ebenso zu sprechen kam wie auf seine Tätigkeiten als Teetrinker beim Bücherkamingespräch "Tea for Three" oder als Juror beim Bachmann-Wettbewerb. Diesen "Gärtner aus Liebe" zeichne nicht nur Redlichkeit, fundierter Witz und glänzender Stil aus, er sei auch "ein kritischer Geist, aus dem etwas Bejahendes spricht, der - horribile dictu - die Literatur, die Dichter, die Leser liebt, wohl auch die Leserinnen". Und weiter: "Der Kritiker Klaus Nüchtern lässt sich auch auf die Formel bringen: raue Schale, harter Kern. Die raue Schale besteht aus ironischer Verstellung, der harte Kern aus dem Willen und dem Mut zum Urteil."

Mit Lust an der Sache

Ganz ähnlich hatte sich auch die Jury-Begründung ("Mit Lust an der Sache wie an der Sprache, mit Witz und stilistischer Brillanz wirkt Klaus Nüchtern über die Grenzen Österreichs hinaus.") gelesen, deren Bemerkung, er sei "unangekränkelt von kulturpessimistischen Selbstzweifeln" Nüchtern in seiner Dankesrede allerdings zu denken gab. Er nutzte die "erfreuliche und eigenartige Angelegenheit" einer solche Auszeichnung nicht nur zu einem kurzen Rückblick auf seine Tätigkeit, die er als "Falter"-Leserbriefschreiber begonnen hatte, sondern auch für eine Auseinandersetzung mit der Aufgabe der Literaturkritik: "Es ist gewiss nicht die niedrigste Aufgabe von uns Kritikern, Menschen davon abzuhalten, ihre Zeit mit schlechter Literatur zu verplempern." Kritik habe etwas mit Haltung und Takt zu tun, sie sei moralisch und keineswegs das Privileg des Kritikers, sondern "allgemeines Menschen- und Leserrecht".

Der 1961 in Linz geborene Klaus Nüchtern ist seit 1989 für den Falter tätig. 2009 erhielt er den Preis der Stadt Wien für Publizistik. Von 2004 bis 2008 war er Juror beim Ingeborg-Bachmann-Preis. Außerdem betreibt er das CD-Label Handsemmel Records. Seine Kolumne "Nüchtern betrachtet" erschien in mehreren Bänden auch in Buchform ("Hier kommt der Antipastidepp", "Kleine Quittenkantate für Kastratensopran und Querflötenquintett" u.a.).

Der mit 8.000 Euro dotierte österreichische Staatspreis für Literaturkritik wird vom Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur im Zwei-Jahres-Rhythmus abwechselnd mit dem österreichischen Staatspreis für Kulturpublizistik vergeben. Zuletzt ging der Preis an Konstanze Fliedl (1999), Daniela Strigl (2001), Gerhard Moser (2003), Paul Jandl (2005), Franz Josef Czernin (2007) und Klaus Amann (2009).

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